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Test: Jeep Cherokee - Schräg, aber gut

  • Holger Holzer/SP-X
  • In NEUHEITEN
  • 18. Dezember 2014, 15:13 Uhr

Ein Jeep ohne Allradantrieb? Und dann auch noch mit diesen seltsamen Schlitzaugen? Zumindest für eingefleischte Fans der Marke ist der Cherokee schwere Kost. Dabei ist der kompakte Hochbeiner einfach ein SUV, wie es heute sein muss.

Vom SUV-Trend in Deutschland konnte Jeep trotz theoretisch bester Voraussetzungen bislang kaum profitieren. Erfolgreich ist die mittlerweile beim Fiat-Konzern beheimatete Marke hierzulande vor allem mit dem beinharten Geländewagen Wrangler und dem übergroßen Luxus-Offroader Grand Cherokee. Für den gemeinen SUV-Fahrer, dem ein modischer Auftritt auf dem Boulevard wichtiger ist als ein kerniger Antritt im Gelände, gab es lange Zeit nichts Passendes. Nun füllt die frontangetriebene Version des Cherokee die Lücke.

Theoretisch hätte wohl auch der nach längerer Pause seit 2011 wieder in Europa angebotene Compass die Rolle ausfüllen können. Doch selbst die damals - unter Fiat-Regie durchgeführte - sorgfältige Überarbeitung konnte den klassisch gestrickten Amerikaner nicht auf das von europäischen Kunden verlangte Niveau bei Ambiente, Verarbeitung und Fahrverhalten hieven. Der Cherokee macht es von Anfang an besser.

Auch wenn das Design nicht nur für Fans der kantigen Marke zunächst ein mittlerer Schock war: Nach einiger Eingewöhnungszeit muss man den Machern des Mittelklasse-SUV zumindest für den gestalterischen Mut Respekt zollen. Das Sechs-Augen-Gesicht, bei dem sich geschlitzte Tagfahrlichter, eckige Hauptscheinwerfer und runde Nebelleuchten sauber getrennt in einzelnen Gehäusen links und rechts des Kühlergrills stapeln, verleiht nicht nur Wiedererkennungswert, sondern auch einen in dieser Klasse seltenen dynamischen Charakter. Dass man auf einen weiteren Aufguss der altbekannten Jeep-DNA verzichtet hat, könnte durchaus mehr neue Kunden zur Marke locken als alte verschrecken.

Letztere können sich sowieso entspannt zurücklehnen, wenn sie sich im Innenraum in die bequemen Sitze fallen lassen: Denn dort ist Schluss mit Experimenten. Der Cherokee geht hier letztlich recht konventionelle Wege, setzt die Schritte aber sorgfältiger als etwa der Compass. Das Interieur ist aufgeräumt, wirkt wertig und ist nicht zuletzt ohne Fehl verarbeitet. Lediglich der etwas pixelige Bildschirm und seine teilweise lässig übersetzte Menüstruktur hätten nicht sein müssen. Und auch ein paar zusätzliche Ablagen wären willkommen. Allein das Fach unter dem hochklappbaren Beifahrersitzfläche ist zu wenig, vor allem, wenn man zu zweit unterwegs ist. Dafür ist das Platzangebot im Fond - auch dank der verschiebbaren Rückbank - großzügig. Der Kofferraum ist nicht zuletzt wegen der sehr großen Radhäuser allerdings nur durchschnittlich groß. Selbst bei umgeklappten Sitzen passen maximal 1.267 Liter hinter die elektrisch betätigte Klappe - das kann selbst ein Kompakt-SUV wie der VW Tiguan besser.

Allradantrieb ist beim Cherokee zumindest in der Einstiegsversion mit dem 2,2-Liter-Diesel nicht mehr Standard. Ein Verlust ist das auf befestigten Straßen nicht. Und für die ist der mittelgroße Jeep letztlich gemacht. Satt und solide gleitet das SUV über den Asphalt, selbst der hohe Aufbau und die langen Federwege sorgen bei Kurvenfahrt nicht für unnötige Unruhe. Lediglich lange Wellen mag der Cherokee nicht, dann kommt die Karosserie unangenehm in Schwung. Der 103 kW/140 PS starke Diesel passt gut zum langstreckentauglichen Fahrwerk, ist akustisch zurückhaltend und steht mit 350 Nm Drehmoment gut im Futter. Geschaltet wird immer per Hand; das Sechsganggetriebe ist ordentlich gestuft, könnte aber mechanisch etwas feiner ausgeführt sein; von Zeit zu Zeit hakelt es ein wenig. Auch der billig wirkende Plastik-Knauf stört ein bisschen den guten Gesamteindruck. An der Tankstelle schlägt sich der Cherokee hingegen wacker, kommt mit knapp 6,5 Litern Sprit aus.

Auch beim Preis zählt der Jeep zu den eher günstigen Modellen in der gehobenen SUV-Mittelklasse. Das liegt nicht nur am fairen Einstiegspreis von 34.800 Euro für den Diesel mit Frontantrieb, sondern auch an der ordentlichen Ausstattung im Basisniveau ,,Longitude". Die umfasst neben Standards unter anderem Zweizonen-Klimaautomatik, DAB-Radio mit Touchscreen und Nebelscheinwerfer mit Abbiegelicht. Weitere Extras gehen aber schnell ins Geld, da sie in der Regel nur in ganzen Paketen bestellbar sind. Zudem sind moderne Fahrerassistenzsysteme für die Longitude-Version nicht zu bekommen - Spurhaltehelfer, Totwinkelwarner und Abstandsregeltempomat gibt es nur für die höheren Niveaus ,,Limited" und ,,Trailhawk".

Insgesamt präsentiert sich der Cherokee so als gelungene Alternative zu Modellen wie Audi Q5, Volvo XC60 oder Land Rover Freelander/Discovery Sport. Der Italo-Amerikaner zeigt keine großen Schwächen, bietet aber in der frontangetriebenen Ausführung auch keine entscheidenden Vorzüge. Bis auf das Design und den traditionsreichen Markennamen. Im Zweifel könnte das aber schon für die eine oder andere Eroberung reichen. Echte Anhänger der Marke werden aber wohl die Allradversionen wählen, die sich von der Konkurrenz durch deutlich höhere Fähigkeiten im Gelände abgrenzen.

Technische Daten - Jeep Cherokee 2.0 Multijet 2x4:
Fünftüriges Mittelklasse-SUV mit Frontantrieb, Länge: 4,62 Meter, Breite: 1,90 Meter, Höhe: 1,67 Meter, Radstand: 2,70 Meter, Kofferraumvolumen: 412/500 bis 1.267 Liter, Anhängelast: 1.800 kg, Leergewicht: 1.828 kg.

2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel, 103kW/140 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1.500 U/min., Vmax: 189 km/h,0-100 km/h in12,0 s, Normverbrauch: 5,3 l/100 km, CO2-Ausstoß: 139 g/km, Effizienzklasse: A, Euro 5, Testverbrauch: 6,5 Liter Preis ab: 34.800 Euro.

Kurzcharakteristik - Jeep Cherokee 2.0 Multijet 2x4:
Alternative zu: Audi Q5, Volvo XC60, BMW X3, Porsche Macan
Passt zu: Fans amerikanischer Autos, die die Schwächen amerikanischer Autos nicht mögen
Sieht gut aus: je länger man hinblickt, umso besser

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