Gesundheit

Die letzte Rettung gegen resistente Bakterien

  • Ralf Loweg/mp
  • In GESUNDHEIT
  • 25. Oktober 2016, 12:12 Uhr

Multiresistente Bakterien sind der Albtraum für jeden Patienten. Und sie treiben auch jedem Arzt den Angstschweiß auf die Stirn. Wie aber wird der menschliche Körper diese schlimmen Übeltäter wieder los?


Multiresistente Bakterien sind der Albtraum für jeden Patienten. Und sie treiben auch jedem Arzt den Angstschweiß auf die Stirn. Wie aber wird der menschliche Körper diese schlimmen Übeltäter wieder los? Oft ist das Antibiotikum Daptomycin die letzte Waffe gegen multiresistente Bakterien. Unklar war bislang, wie genau das Medikament wirkt. Eine neue Studie unter Federführung der Universitäten Bonn und Amsterdam bringt nun Licht ins Dunkel. Demnach hemmt Daptomycin durch einen bislang unbekannten Mechanismus die Zellwand-Synthese der Erreger. Die Arbeit ist nun in der Fachzeitschrift PNAS erschienen.

Daptomycin ist ein sogenanntes "Reserve- oder Notfall-Antibiotikum": Es gilt oft als letzte Rettung gegen multiresistente Bakterien wie zum Beispiel MRSA-Keime. Seit mehr als zehn Jahren ist die Substanz in Deutschland inzwischen zugelassen. Zu der Art und Weise, wie sie Bakterien tötet, gab es aber bislang verschiedene Hypothesen. "Es ist absolut ungewöhnlich", betont Prof. Dr. Tanja Schneider vom Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Bonn: "Bei allen anderen zugelassenen Antibiotika kennen wir den Wirkmechanismus; bei Daptomycin tappen wir dagegen selbst nach Jahrzehnten intensiver Forschung noch weitgehend im Dunkeln."

Daptomycin-Moleküle haben unter bestimmten Bedingungen die Tendenz, sich aneinander zu lagern. Diese Aggregate benötigen besonders große flüssige Membranbereiche. Zu diesem Zweck ziehen sie - ähnlich wie ein Magnet - weitere leicht bewegliche Lipide an sich heran. Dadurch kommt es zu gravierenden Störungen der Membranstruktur. Proteine, die normalerweise an der Innenseite des Lipid-Häutchens befestigt sind, können sich lösen und ihre Funktion verlieren. "Darunter sind auch Enzyme, die den Aufbau der Bakterien-Zellwand katalysieren", erklärten Dr. Anna Müller und Dr. Fabian Grein.

Neben dem nun gefundenen Mechanismus vermuten die Wissenschaftler noch weitere, die zur antibakteriellen Wirkung von Daptomycin beitragen. Diese aufzuklären, ist Thema aktueller Forschungsarbeiten. Den genauen Wirkungsmechanismus eines Antibiotikums im Detail zu verstehen, sei enorm wichtig. "So können wir beispielsweise besser abschätzen, mit welchen anderen Antibiotika sich der Wirkstoff sinnvoll kombinieren lässt oder wie groß das Risiko einer Resistenzbildung ist", betont Tanja Schneider.

Momentan wird Daptomycin nur in Fällen eingesetzt, in denen andere Antibiotika versagen - die Mediziner wollen nicht riskieren, dass MRSA- Keime durch unbedachte Nutzung gegen den Wirkstoff unempfindlich werden. Diese Gefahr besteht durchaus: Schon jetzt gibt es Bakterienstämme, die selbst gegen diese schlagkräftige Waffe resistent sind.

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