Fahrbericht

Seat Leon Cupra: Hitziger Spanier mit guten Allround-Eigenschaften

Von allem ein bisschen mehr: Bei Seat haben die sportlichen Top-Modelle den Beinamen 'Cupra'. Beim neuen Leon mussten die Kunden auf diese Performance-Version nicht lange warten. Der fetzige Kraftmeier hat jetzt 300 PS, die ihm beeindruckende Fahrleistungen bescheren.


Kaum steht der neue Leon auf den Rädern, schon schiebt Seat den heißen "Cupra" nach. Mit voller Wucht. Soll heißen: Für alle drei Versionen, den ST (Kombi), den SC (Dreitürer) und den Fünftürer. Keine schlechte Entscheidung, allen drei Varianten mehr Mumm einzublasen. Denn bereits beim Vorgänger stellten Leon SC und ST gemeinsam 50 Prozent der Cupra-Verkäufe, mit leichtem Vorsprung beim Kombi. Und wer jetzt darüber rätselt, ob hinter dem Begriff Cupra eine tiefsinnige Bedeutung steckt oder nur ein Kunstwort des Marketings, dem sei hier kurz erklärt, dass man lediglich "Cup" und "Racer" zu einem Wort zusammengezogen hat. Ein Hinweis darauf, dass Seat mit dem Cupra auch sehr erfolgreich Motorsport betreibt.

Die Frage, ob man in der unteren Mitteklasse unbedingt 300 PS (10 PS mehr als beim Vorgängermodell) unter der Haube haben sollte, muss sich jeder selbst beantworten. Es mag allerdings überraschen, dass viele Leon-Käufer bei dieser Frage freudig bejahen und bereitwillig den Geldbeutel zücken: 2016 konnte Seat rund 4.000 Leon Cupra allein in Deutschland ausliefern. Zurück zu den 300 PS. Sie wären absolut sinnlos, wenn sich die maximale Durchzugskraft erst bei hohen Drehzahlen einstellen würde. Beim Leon entfaltet sich die maximale Schub von 380 Newtonmeter aber bereits bei Kurbelwellendrehzahl 1.800/min - Kraft "aus dem Keller", was schaltfaules Fahren bei niedrigen Drehzahlen und einen reduzierten Spritverbrauch ermöglicht. Ob man so im Alltag den Verbrauchswert des Datenblatts von 6,9 Liter Super auf 100 Kilometer erreichen kann, ist eher fraglich. Unter Normbedingungen wird es wohl klappen.

Noch einmal zu den 300 PS. Beim ersten Ausritt rund um Barcelona staunen wir, dass der Frontantrieb (der ST ist auch mit Allradantrieb zu haben) mit dieser Leistung spielend fertig wird. Offensichtlich haben die Konstrukteure viel Hirnschmalz darauf verwendet, die Traktionskontrolle punktgenau auf den Antrieb abzustimmen. Als Kernelement dieser Technik dient das selbstschließende Sperrdifferenzial, das je nach Anforderung die meiste Kraft vorzugsweise dem Antriebsrad zuteilt, das die bessere Traktion hat. Denn was würden rauchende und quietschende Vorderräder beim zügigen Beschleunigen oder beim Kurvenfahren schon nützen, außer dem Fahrer eine nicht unbedingt wohlwollende Aufmerksamkeit einzubringen.

Auch beim Fahrwerk beweist der flotte Spanier, dass er kein kompromissloser Racer sein will. Mit vier Fahrprofilen von "Comfort" bis "Cupra" bietet er dem Fahrer die volle Bandbreite der Fahrwerks-Charakteristika an. Zum Mitschwimmen im Straßenverkehr und auf langen Autobahnpassagen unterscheidet sich der in der Komforteinstellung gefahrene Cupra nicht von seinen schwächer motorisierten Serienbrüdern, die angenehm federn, trotzdem aber keine Weicheier sind. Selbst auf dem Handlingkurs einer Rennstrecke mit zahllosen Kurven und auf nicht so griffiger Fahrbahn macht der Cupra eine gute Figur und patzt keineswegs bei heftigen Ausweichmanövern. Einen guten Anteil daran hat die progressive, elektrisch verstärkte Lenkung, die zielgenau arbeitet und Lust auf Kurven macht.

Wer gern von Hand schaltet, wird am serienmäßigen 6-Gang-Getriebe seine helle Freude haben. Die Schaltführung ist präzise und die Anschlüsse passen allesamt. Für die Automatik-Fans offeriert Seat das 6-Gang-DSG-Getriebe aus dem Regal der VW-Konzernmutter. Aber es ergäbe keinen Sinn, wenn nur Antrieb und Fahrwerk zu sportlichen Leistungen fähig wären, während der Fahrer beim flotten Umrunden von Radien aller Art hilflos am Lenkrad nach Halt suchen würde. Deswegen sorgen die gut konturierten Sportsitze mit hohen Seitenwülsten für die solide Fixierung im Cockpit. Das Frontgestühl ließe sich nur noch verbessern, wenn sich die Seitenwangen der Lehne in der Breite verstellen ließen.

Klar, dass sich das Kraftpaket unter den Leon-Modellen auch optisch hervortut. Zum Beispiel mit Voll-LED-Scheinwerfern, geänderter Front- sowie Heckschürze, verchromten Doppelrohr-Auspuff, roten Bremssätteln und dem Cupra-Heckspoiler. Im Innenraum fallen die mit Alcantara bezogenen Tür-Panele und Sportsitze auf, sowie die mit Aluminium garnierten Pedale.

Wer den Cupra haben will, muss mindestens 34.050 Euro locker machen. Dafür bekommt er als Einstiegsmodell den SC mit 6-Gang-Schaltgetriebe. Wem es weniger um die hohe PS-Zahl und die nach oben abgeriegelte Endgeschwindigkeit von 250 km/h geht, der kann die exakt identische Durchzugskraft von 380 Nm auch preisgünstiger haben: im "ganz normalen" Leon 2.0 TDI mit 184 PS und XCELLENCE-Ausstattung. Der Diesel schafft immerhin Höchsttempo 226 km/h und ist als SC ab 28.170 Euro zu haben. Aber damit sind wir schon wieder bei der Frage, ob man doch 300 PS unter der Haube braucht. Eins gilt als sicher: Auch beim neuen Leon werden sich rund zehn Prozent der Käufer für einen Cupra entscheiden. Autokauf ist eben doch häufig eine reine Herzensangelegenheit.

Klaus Brieter/mid

Technische Daten Seat Leon SC 2.0 TSI Cupra:
Dreitürige Limousine der Kompaktklasse, Länge/Breite/Höhe in Meter: 4,25/1,81/1,42, Leergewicht: 1.375 kg, Zuladung: 495 kg, Tankinhalt: 50 l, Kofferraumvolumen: 380 l.
Motor: Vierzylinder-Turbo-Benziner mit Direkteinspritzung, Hubraum 1.984 ccm, Leistung: 221 kW/300 PS bei 5.500 - 6.200/min, max. Drehmoment: 380 Nm bei 1.800 - 5.500/min, 0-100 km/h: 5,7 s, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h, 6-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb mit selbstschließendem Sperrdifferenzial-Getriebe, Durchschnittsverbrauch: 6,9 l Super/100km, CO2-Ausstoß: 158 g/km, Preis: 34.020 Euro.

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