Carsharing

Kommentar: Fakten? Egal. Hauptsache, es kommt in den Nachrichten

  • Hans R. Richarz/ampnet
  • In UMWELT
  • 21. Februar 2017, 15:17 Uhr

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Wieder einmal drängt es Jürgen Resch, sowas wie ein Donald Trump des deutschen Engagements für den Umweltschutz, in die Schlagzeilen. War es doch in den vergangenen Wochen ungewohnt ruhig um den Geschäftsführer der sogenannten Deutschen Umwelthilfe geworden. Seine jüngste Forderung nach der Abschaffung von Schadstoffmobilen zugunsten stationärer Sammelstellen für giftige Abfälle bundesweit hatte es noch nicht einmal bis in die ,,Bild Zeitung" oder die Tagesthemen geschafft.

Zur Erzeugung von Wirbel nahm er sich nun das Carsharing vor, dem er mit vergleichbaren alternativen Wahrheiten begegnete wie der Amerikaner im Weißen Haus dem islamistischen Terror in der Nacht vom 16. zum 17. Februar in Schweden, von dem kein Mensch außer Trump etwas weiß. Rechtzeitig zur Jahrespressekonferenz des Bundesverband Carsharing feuerte Resch eine Breitseite auf den organisierten gemeinschaftlichen Gebrauch eines Autos ab. Die Nutzung der stationslosen Leihwagen-Angebote, wie sie in den größten deutschen Städten aus dem Boden sprießen, sind ihm ein besonderer Dorn im Auge. ,,Das führt die Idee des Carsharing ad absurdum", behauptet er ohne einen einzigen Beweis in der Hand. Statt weniger Autos sei mehr Motorverkehr die Folge. Und damit mehr Schadstoffe und mehr Staus. Die einzige Lösung für Verkehr und Umwelt sei, Busse und Bahnen besser und günstiger zu machen, anstatt sie durch Carsharing zu kannibalisieren.

Hinter den stationsunabhängigen Angeboten stehen beispielsweise die Autobauer Daimler (Car2go), BMW (Drive Now) und Citroën (Multicity) sowie die Deutsche Bahn (Flinkster). Die sogenannten Free-floating-Angebote in Großstädten machten schon 2016 rund 40 Prozent des Angebots aus. Die klassischen stationsbasierten Anbieter wachsen in kleineren Städten. Carsharing-Verfechter sprechen von ,,Klimaschutz durch Autofahren". Ein Wagen ersetze mehrere private Autos, betont der Branchenverband seit Jahren.

Dass Carsharing darüber hinaus besonders in Großstädten als Vorreiter der Elektromobilität auftritt, verschweigt der selbsternannte Umweltschützer Resch wissentlich. In jeder größeren Stadt gibt es mittlerweile Elektroautos zu mieten. Durch Carsharing-Dienste hat sich längst ein breites und überregionales Angebot etabliert. Über 3000 oder rund zehn Prozent aller in Deutschland zugelassenen Elektroautos kann man mieten: von Opel Ampera über BMW i3 und BMW i8, Tesla, Fisker Karma, Nissan Leaf, VW e-up! und e-Golf bis zum Renault ZOE. DriveNow zum Beispiel bietet in Deutschland insgesamt über 300 BMW i3 Elektroautos in Berlin, München, Hamburg, Köln und Düsseldorf an.

Trotzdem warnt Jürgen Resch davor, Carsharing etwa durch kostenlose Parkplätze und reservierte Stellflächen zu fördern - Möglichkeiten, wie sie ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht. "Das ist eine Verkaufsförderung für die Autoindustrie", behauptet er. Das führe die Idee des Carsharing ad absurdum. Statt weniger Autos sei mehr Motorverkehr die Folge. Egal ob mit oder ohne Elektroautos. (ampnet/hrr)



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