Fahrbericht

Kompetenz für den Bau: Iveco Eurocargo 160 E 32

  • Michael Tschakert
  • In FAHRBERICHTE
  • 4. September 2017, 16:31 Uhr

Der Iveco Eurocargo 160 E 32 im Fahrbericht: Aufgefrischt stemmt der Mittelgewichtler fast 10 Tonnen Ladung. Im Alltag macht der kurze Kipper eine gute Figur, sogar mit Bagger auf einem Tieflader.


Der Iveco Eurocargo 160 E 32 im Fahrbericht: Aufgefrischt stemmt der Mittelgewichtler fast 10 Tonnen Ladung. Im Alltag macht der kurze Kipper eine gute Figur, sogar mit Bagger auf einem Tieflader.

Was einem die Marketing-Botschafter so alles erzählen - man muss ja nicht alles auf die Goldwaage legen. So spricht Iveco hier von einem neuen Eurocargo, dabei kennt man den kantigen Typen schon seit vielen Jahren. Richtig neu sieht der mittelschwere Kipper auch nicht aus, neuerdings trägt er ein breites Grinsen im Kühlergrill und hebt sich damit von seinen betagteren Kollegen etwas ab. Aber muss man das Rad immer neu erfinden? Was sich bewährt, wird weitergebaut, das kann man auch den Kunden verkaufen. Und keine Sorge, der Eurocargo präsentiert sich noch immer recht zeitgemäß. Unser Testfahrzeug ist ein 16-Tonner mit Meiller-Kipper, man fragt sich unwillkürlich: Warum nicht gleich 18 Tonnen? Für eine Schaufel mehr Kies, etwas mehr Nutzlastreserve wäre sicher nicht verkehrt. Aber grundsätzlich ist der Typ 160 E 32 für seinen Job schon recht gut gerüstet, er stemmt legal mehr als neun Tonnen auf dem Ladungsträger. Die Meiller-Kippbrücke ist genau so groß, wie sie sein muss, robust und handlich. Und mit 3,1 Meter, dem kürzesten Radstand, ist er solo mindestens so flink und wendig wie ein Daily-Transporter.

Man kennt ihn und man schätzt ihn, noch immer zählt der Eurocargo zu den Bestsellern im Revier. Er ist kein Blender, auch keiner, der mit technischen Feinheiten brilliert. Der Iveco-Mittelgewichtler spielt eher die Rolle des soliden, bekannten Lastwagens. Vergleichsweise günstig kalkuliert und mit freundlichen Rabatten garniert, wirbt er für sich, ein umfangreicher Baukasten mit verschiedenen Radständen, Fahrerhaus-Varianten und Motorleistungen unterstützt die Bemühungen der Iveco-Verkäufer. Das passende Modell für den eigenen Bedarf zu finden, fällt nicht allzu schwer.

Als schlagendes Argument dient noch immer das Fahrerhaus, schlank aber mit genug Platz für drei. Nach wie vor öffnen die eher schmalen Türen weit, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Das nicht zu knappe Platzangebot reicht für Tageseinsätze, selbst langbeinige Fahrer müssen im Eurocargo nicht klagen. Weil der Motortunnel nicht weit nach innen ragt, klappt das Wechseln zur Beifahrerseite ohne Turnübungen. Ein Pluspunkt der betagten Eurocargo-Kabine ist nach wie vor ihre vorbildliche Übersichtlichkeit. Das Cockpit mit Komponenten aus dem großen Trakker birgt keine Geheimnisse, man kennt die Verhältnisse noch von den Vorgängertypen. Nur die Wählschalter fürs automatisierte Getriebe fallen jetzt schlanker und weniger aufgesetzt aus. Und endlich gibt es genug Becher- und Flaschenhalter, der Kipperfahrer darf unterwegs Durst haben. Ein Dokumentenfach an der Fahrerhausrückwand, eine Hakenschiene für Jacke und Helm, ein Druckluftanschluss für die Reinigung - der kleine Iveco zeigt hier Kompetenz für den Bau.

Auch mit einer robusten Stahlstoßstange, Scheinwerfergittern und hochgesetzten Tanks für Kraftstoff und Hydraulik, antriebsseitig bringt er nur mit, was unbedingt nötig ist. Es gäbe ja auch einen geländebegabten Allradler, unser Eurocargo bescheidet sich mit angetriebener Hinterachse, die sich im Bedarfsfall sperren lässt. Der Eurocargo-Kipper kommt auf seinen hohen Semigeländereifen im Format 11 R 22,5 gut über Baustraßen und leichtes Gelände. Sie verschaffen ihm ein paar Zentimeter mehr Bodenfreiheit und einen steileren Böschungswinkel vorn - der allerdings durch den vorgeschriebenen Unterfahrschutz wieder etwas eingeschränkt wird. Der starre Heckunterfahrschutz macht es nicht besser, er wird dann und wann mal durch einen Kieshaufen gezogen.

Gerade am Bau möchte man eigentlich nicht mit Leistung sparen. Und mit 320 PS für einen 16-Tonner ist man schon gut gerüstet. Der Hersteller gesteht seinem Mittelgewichtler sogar 35 Tonnen Zuggesamtgewicht zu, eine etwas optimistische Einschätzung. Der Tector 7, ein leichter Lkw-Sechszylinder, der die Euro 6-Abgasgrenzwerte ohne Abgasrückführung und nur mit SCR-Kat erfüllt, holt aus 6,7 Liter Hubraum zwar stattliche 320 PS - mit nur 1.100 Newtonmeter maximalem Drehmoment ist er aber kein Kraftprotz. Als Solist ist der Eurocargo souverän motorisiert. Der Vierventil-Sechszylinder hängt sauber am Gas, die knackig kurze Achsübersetzung bringt ihn flott auf Trab. Fürs Rangieren empfiehlt der Instruktor den Modus "Slow", damit werden für gefühlvolles Reversieren Drehzahl und Drehmoment begrenzt.

Aber wie geht es voran, wenn er zusätzlich einen Anhänger ziehen soll? Ist ja gängige Praxis bei kleinen Bauvorhaben oder im Galabau: Mit Baumaterial und einer Baumaschine auf dem Tieflader geht es zur Baustelle, auf dem Fliegl-Tieflader steht ein Case-Bagger, ganze 8,7 Tonnen schwer. Der Zug wiegt mehr als 26 Tonnen, da muss der Reihensechser schon mächtig kurbeln. Aber das kann er, er kennt auch keine Anfahrschwäche. Zu Hilfe kommt ihm das automatisierte AS-Tronic-Getriebe, das viel und zügig schaltet und mit den passenden Gängen die Fuhre am Laufen hält. Wer hier den Aufpreis von 3.600 Euro scheut und stattdessen das serienmäßige Neungang-Handschaltgetriebe wählt, bestraft den Fahrer mit Schwerarbeit.

Dem Iveco wird nichts geschenkt, er muss sich auf oberbayerischen Voralpenstraßen bewähren. Die Leistung reicht, sagt das Testprotokoll, auch die Fahreigenschaften des Eurocargo sind nicht ohne. Natürlich sind die 100-Prozent-Reifen kein Ausbund an Präzision, auch der ultrakurze Radstand lässt sich durch wellige Fahrbahnen irritieren. Aber der Kompromiss, den der Eurocargo bietet, ist bemerkenswert. Trotz massiver Parabelblätter an den Achsen federt er vergleichsweise gut und zieht den Zentralachshänger samt hoher Ladung recht achtbar über den Kurs. Bergab raten wir zur Vorsicht: Die Motorbremse verzögert laut und nur wenig, die Radbremsen werden stärker gefordert. Sie verlangen nach einem festen Tritt - man glaubt fast, es noch mit einer altehrwürdigen Luftbremse zu tun zu haben.

Wer einen Mittelgewichtler sucht, ist mit dem aufgefrischten Eurocargo von Iveco gut bedient. Er bietet bewährte Kost ohne Schwachstellen und Highlights. Der Betreiber schätzt die Nutzlastreserven, der Fahrer den verbesserten Komfort und neues Infotainment. Der 320-PS-Sechszylinder bietet genug Kraft für schweres Terrain - oder für einen Anhänger. In jedem Fall empfehlenswert ist das automatisierte 12-Gang-Getriebe, das den Fahrerjob im Eurocargo so sehr erleichtert. Und es spart Kraftstoff, reduziert den Verschleiß und amortisiert über die Betriebszeit den Aufpreis.

Wolfgang Tschakert / mid

Technische Daten Iveco Eurocargo ML160E32 K:
Kipper-Lkw, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 5,78/2,40/2,82/3,11, Leergewicht: 6.670 kg, Nutzlast: 9.250 kg, zul. Gesamtgewicht: 15.990 kg, Starre Vorderachse an 3-Blatt-Parabelfedern, Teleskopstoßdämpfer, Stabilisator, zul. Achslast 5,8 t. Hinterachse: starre Hypoidachse, 4-Blatt-Parabelfederung, Teleskopstoßdämpfer, zul. Achslast 10,9 t., zul. Zuggesamtgewicht: 35.000 kg, Bereifung: 11 R22,5 C, EBS-Bremssystem mit Scheibenbremsen, Kraftstofftank: 120 l, Adblue-Tank: 30 l.
Antrieb: Reihensechszylinder-Common-Rail-Diesel, Hubraum: 6.728 ccm, Nennleistung: 235 kW/320 PS bei 2.500/min, max. Drehmoment: 1.100 Nm bei 1.250/min, Kraftübertragung: Automatisierte Einscheiben-Trockenkupplung, automatisiertes 12-Gang-Getriebe AS-Tronic ZF 12AS 1210, SCR-Kat, Abgasnorm: Euro 6.

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