Gesundheit

Navi für Rollstuhlfahrer

  • Lars Wallerang/mp
  • In GESUNDHEIT
  • 1. Dezember 2017, 14:47 Uhr

Die Uni Bremen arbeitet an einem neuen Informations-System für Rollstuhlfahrer. Es erleichtert die Navigation mit dem Rollstuhl. Denn in den zugrundeliegenden Karten sind auch Informationen über Barrierefreiheit verzeichnet.


Die Uni Bremen arbeitet an einem neuen Informations-System für Rollstuhlfahrer. Es soll die Navigation mit dem Rollstuhl erleichtern. Denn in den zugrundeliegenden Karten sind auch Informationen über Barrierefreiheit verzeichnet. Informatiker Dr. Benjamin Tannert hat die App entwickelt. Aufgrund einer Querschnittslähmung ist er selbst an den Rollstuhl gefesselt.

Seit einem halben Jahr arbeitet Tannert als Postdoc in der Geoinformatik-Gruppe "Human-Computer Interaction" von Professor Johannes Schöning. Navigation ist das Hauptthema dieser Forschungsgruppe im Fachbereich Mathematik/Informatik der Universität Bremen. Wie können mobile Geräte verbessert werden? lautet der Ansatz im weitesten Sinne. Tannerts Thema ist die Rollstuhl-Navigation. Er sucht nach Algorithmen, die für die Betroffenen Wege von A nach B vereinfachen können.

In seiner Dissertation erarbeitete der Informatiker ein "emotionssensitives Assistenzsystem für Menschen mit Lernschwierigkeiten" in enger Kooperation mit dem Martinshof Bremen. Finanzielle Unterstützung fand er in dieser Zeit im Pilotprogramm Inklusion in der Wissenschaft, das an der Universität Bremen aufgelegt wurde. Jetzt vergleicht er gemeinsam mit Masterstudierenden Wege für Rollstuhlfahrer mit Wegen für Fußgänger.

"Google Maps bietet das nicht an, aber es gibt Plattformen wie Open Route Service oder Routino. Die berücksichtigen auch Barrieren", sagt Tannert. Welche machen Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern besonders zu schaffen? "Untergrund wie Sand oder buckliges Pflaster, Steigungen, nicht abgesenkte Bordsteine", zählt der Wissenschaftler auf. Ein Beispiel: "Ich besuche mega-gern den Bremer Freimarkt, aber das Kopfsteinpflaster macht es mir schwer, ihn zu genießen." Zunächst will er herausfinden, welche Strecken Menschen mit Rollstuhl am meisten nutzen und hat in 15 Großstädten Deutschlands die Planungsämter sowie das Statistische Bundesamt angefragt. Die Antwort: "Wir wissen es nicht, hätten aber auch gerne solche Informationen."

Ausgangspunkt für viel befahrene Wege sind nun erst einmal Behindertentoiletten und Zielpunkte "Points of Interest" im Umkreis von zwei Kilometern, die interaktive Karten angeben. Der nächste Schritt wird eine 360-Grad-Kamera sein, die sich Benjamin Tannert an seinen Rollstuhl heftet. Mit dem Bilderkennungssystem will er ähnlich wie in Google Street View Hindernisse aufnehmen. Anschließend will er einen automatischen Algorithmus entwickeln, der die Bilder auswerten kann. Die Informationen sollen dann in Navigationssysteme einfließen. "Die können dann wiederum sagen, nimm schon eine Ampel vorher, bei der nächsten ist der Bordstein nicht abgesenkt." Drei Jahre will Benjamin Tannert an seinem Thema arbeiten. "Ich mache etwas für Menschen, die mit Einschränkungen leben. Das bringt auch mir Spaß"

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