Fahrbericht

Mercedes A-Klasse: Der Luxus-Kompakte

Schon die ersten Testkilometer bringen es an den Tag: Die neue A-Klasse von Mercedes ist ein großer Schritt in die Zukunft. Bei den Themen Vernetzung, Infotainment und digitale Dienste sprengt sie den Rahmen der Kompaktklasse zum Teil erheblich. Was Rechner, Sensoren und Kameras in dem am 5. Mai 2018 bei den Mercedes-Händlern debütierenden BMW-1er-Gegner leisten, ist praktisch auf S-Klasse-Niveau. Dazu passt auch das Interieur mit den zwei auf Wunsch riesigen, nebeneinander liegenden Bildschirmen.


Schon die ersten Testkilometer bringen es an den Tag: Die neue A-Klasse von Mercedes ist ein großer Schritt in die Zukunft. Bei den Themen Vernetzung, Infotainment und digitale Dienste sprengt sie den Rahmen der Kompaktklasse zum Teil erheblich. Was Rechner, Sensoren und Kameras in dem am 5. Mai 2018 bei den Mercedes-Händlern debütierenden BMW-1er-Gegner leisten, ist praktisch auf S-Klasse-Niveau. Dazu passt auch das Interieur mit den zwei auf Wunsch riesigen, nebeneinander liegenden Bildschirmen.

Die Stuttgarter haben beim Generationenwechsel so viel Neues in die A-Klasse gepackt, dass einem Umsteiger direkt schwindelig werden könnte. Die nächste Stufe der Sprachsteuerung ("Hey, Mercedes"), die Touchpads und die vielen Tasten am Sportlenkrad, die Bedienfläche auf dem Mitteltunnel oder die auf Wunsch in Massen auftretenden Assistenzsysteme können bei der ersten Begegnung respekteinflößend wirken. Reinsetzen und schon beim Losfahren alle richtigen Knöpfe und Menüs auf Anhieb treffen: Das schafft nicht mal die Generation iPad. Um es ganz klar zu sagen: Die A-Klasse ist nicht nur kompakt, sondern auch ziemlich komplex.

Aber fangen wir bei den vertrauten Zahlen, Daten und Fakten an: Die dritte Generation des Baby-Benz ist außen herum ein wenig gewachsen und in der Höhe um einen Zentimeter geschrumpft. Das Gesamtpaket für die Passagiere und Gepäck erfuhr eine nennenswerte Vergrößerung. Kopf-, Schulter- und Beinfreiheit wuchsen spürbar, daraus resultiert ein deutlich luftigeres Raumgefühl. Der Kofferraum wuchs um 29 auf 370 Liter, dank einer vergrößerten Kofferraumklappe ist er auch angenehmer zu beladen.

Nächstes vertrautes Kapitel: die Motorisierung. Zum Start ist das Angebot recht überschaubar. Drei Motoren stehen zur Wahl. Der 1,4-Liter-Benziner mit Zylinderabschaltung leistet 120 kW/163 PS, bringt es auf ein maximales Drehmoment von 250 Newtonmeter schon bei 1.620 U/min, er spurtet in 8,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h und ist bis zu 225 km/h schnell. Je nach Konfiguration schluckt er nach EU-Norm 5,2 bis 5,6 Liter Super je 100 Kilometer. Die realitätsnaheren WLTP-Testwerte hat Mercedes zwar vorliegen, mag sie aber nicht vor dem Herbst 2018 bekanntgeben - angeblich auch rechtlichen Gründen.

Bei ersten Testfahrten auf strikt tempolimitierten Landstraßen rund ums kroatische Split liegt der Verbrauch laut Bordcomputer bei 6,1 Liter je 100 Kilometer. Ausprobiert wird die Version mit 7-Gang-DSG (Aufpreis: 2.094,40 Euro), dabei gefällt das spontane Ansprechverhalten des kleinen, zusammen mit Renault entwickelten Vierzylinders, der bei voller Leistungsabgabe leicht knurrig und ziemlich unternehmungslustig klingt - eine Eigenschaft, die durch die Beschleunigungsdaten bestätigt wird.

Noch deutlich munterer ist logischerweise der Zweiliter-Benziner mit 165 kW/224 PS und einem maximalen Drehmoment von 350 Newtonmeter, der in 6,2 Sekunden auf Tempo 100 ist, 250 km/h Spitze schafft und laut Norm zwischen 6,2 und 6,5 Liter Benzin je 100 Kilometer konsumiert. Einen Tick ruhiger, aber dafür mit einer sehr angenehmen Drehmomentwelle (260 Nm ab 1.750 U/min) geht der A 180 d ans Werk, er glänzt wie seine Otto-Brüder mit der Abgaseinstufung Euro 6 d-Temp, leistet 85 kW/116 PS und schluckt normierte 4,1 bis 4,5 Liter Diesel je 100 Kilometer. Was bedeutet, dass man die Diesel-A-Klasse mit der entsprechenden Zurückhaltung mit einem Verbrauch um die 5,0 Liter bewegen kann. Auch wenn der Aufwand fürs Fahrwerk je nach Motorisierung unterschiedlich ist: Alle drei vom Motor-Informations-Dienst (mid) ausprobierten Versionen zeigen eindeutig das Bestreben der Entwickler, hohe Agilität mit mehr Komfort zu kombinieren.

Jetzt wird es ein bisschen komplizierter. Zwar heißt es bei Mercedes, die A-Klasse sei dank Klimaautomatik, dem neuen MBUX (Mercedes-Benz User Experience) Multimedia-System, Multifunktions-Sportlenkrad samt Touch-Control-Buttons, Regen-Licht-Sensor und Keyless Go, reichlich Sicherheitsfeatures und der Fahrprogramm-Auswahl Dynamic Select "bereits in der Basiskonfiguration reichhaltig ausgestattet". Stimmt schon! Doch wer sich in die schier unendlichen Weiten des Konfigurators begibt, stellt schnell fest: Einfach nur aus den Ausstattungslinien Style, Progressive und AMG Line und den zwei Ausstattungspaketen auswählen und auf den Knopf drücken - das reicht nicht. Denn viele der schönen Sachen - etwa die riesigen Doppel-Touchscreens - gibt es nicht in der Basis und oft nur in Kombination mit anderen preistreibenden Goodies. Wer auf diesem Gebiet nicht so fit ist, sollte sachkundige Hilfe dazu bitten.

Was ist noch alles neu in der neuen A-Klasse? Hier eine kleine Auswahl im Schnelldurchlauf: Dank Augmented-Reality-Technologie am beeindruckendsten ist die abgefahrene (und optionale) Navigationsdarstellung mit einer Bild im Bild-Einblendung des Bereichs vor dem Wagen samt hilfreicher Hinweispfeile.

Bei der Sprachsteuerung (Hey, Mercedes, ebenfalls optional) sprechen die Entwickler zwar von "natürlichem Sprachverstehen". Aber aktuell ist bei der Kommunikation noch Luft nach oben. Viele vermeintlich einfache Eingaben versteht die virtuelle Gesprächspartnerin nicht, bei Fragen nach dem Verbrauch, beim Ein- oder Ausschalten der Sitzheizung oder der Einstellung der Innentemperatur ist sie aber schon sehr hilfreich.

Wie größere Markengeschwister kann die A-Klasse in bestimmten Situationen kurzfristig "teilautomatisiert" fahren, nach einigen Sekunden mahnt sie aber wieder die Hand am Lenkrad an. Wie bei der S-Klasse kennt der Aktive Abstands-Assistent jetzt den Straßenverlauf und passt die Geschwindigkeit vor Kurven, Kreuzungen oder Kreisverkehren selbsttätig an.

Auch das kennt der Mercedes-Fahrer aus größeren Baureihen: Die Ambientebeleuchtung wartet mit 64 Farben und zehn animierten Farbwelten und sogar mit beleuchteten Lüftungsdüsen auf. Für die Vordersitze gibt es jetzt neben Heizung und Kühlung auch die Massagefunktion. Ab August 2018 kann der kompakte Stuttgarter auch mit Freunden und Familienmitgliedern geteilt werden - die Mercedes me-App Carsharing macht es möglich. Und natürlich gibt es auch ein perfekt anzeigendes Head-up-Display.

Die neue A-Klasse ist zweifellos ein klasse Angebot. Sie bietet Features, die bisher nur zwei bis drei Klassen höher zu haben waren. Klares Ziel der Schwaben: Mit ihrem Kompakten wollen sie verstärkt jüngere Käufer in die Showrooms locken. Allerdings sollten die über ein solides Budget verfügen. Denn zum Start geht nichts unter 30.231,95 Euro für den A 200 mit Sechsgang-Handschalter und zwei 7-Zoll-Displays statt der im teuersten Fall zwei mal 10,25 Zoll-Bildschirme. Der Diesel (mit Automatik) ist ab 31.398,15 Euro zu haben, der E 250, ebenfalls mit 7G-DCT, ab 36.461,60 Euro.

Rudolf Huber / mid

Technische Daten Mercedes A 200 7G-DCT:
Viertüriger Kompakter, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Millimeter: 4.419/1.796/1.440/2.729, Leergewicht: 1.375 kg, Zuladung: 510 kg, Kofferraumvolumen: 370 - 1.210 l, Tankinhalt: 43 l, Wendekreis: 11 m.

Antrieb: Vierzylinder-Reihenmotor, Benzin-Direkteinspritzung, Hubraum 1.332 ccm, Leistung: 120 kW/163 PS bei 5.500 U/min, max. Drehmoment: 250 Nm bei 1.620 U/min, 0-100 km/h: 8,0 s, Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Frontantrieb, Normverbrauch: 5,2 - 5,6 l Super/100km, CO2-Ausstoß: 120 bis 128 g/km, Preis: ab 32.326,35 Euro.

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