Tiere

Seegurken: Von wegen junges Gemüse

  • Ralf Loweg/wid
  • In UNTERNEHMEN
  • 14. Juni 2018, 13:33 Uhr

Menschen, die beim Namen 'Seegurke' zuerst an gesunde Rohkost denken, sind auf dem Holzweg. Denn bei der Seegurke handelt es sich um einen Meeresbewohner. Allerdings ist dieses Lebewesen nicht gerade das, was man vielleicht einen 'Charming Boy' nennt. Für die Meere sind sie aber von enormer Bedeutung, wie Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung kürzlich herausgefunden haben.


Menschen, die beim Namen "Seegurke" zuerst an gesunde Rohkost denken, sind auf dem Holzweg. Denn bei der Seegurke handelt es sich um einen Meeresbewohner. Allerdings ist dieses Lebewesen nicht gerade das, was man vielleicht einen "Charming Boy" nennt. Seegurken sind farblich eher unscheinbar, von schlichtem Körperbau und keine Sympathieträger unter den Meeresbewohnern. Für die Meere sind sie aber von enormer Bedeutung, wie Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) jetzt herausgefunden haben.

Wie Seesterne und Seeigel sind Seegurken, von denen es etwa 14.000 Arten gibt, Stachelhäuter. Sie kommen in allen Meeren von der Arktis bis in die Tropen vor, sind wenige Millimeter oder über zwei Meter lang, dünn wie ein Seil oder muskulös und walzenförmig. Sie sind an das Leben am Meeresboden angepasst: Viele durchwühlen den sandigen Boden nach Nahrung wie Detritus oder Mikroalgen, verschlingen das Sediment, verdauen die organischen Bestandteile und scheiden den Sand dann wieder aus.

Diese umtriebige Wühltätigkeit war Gegenstand der Untersuchungen, die Forscher vom ZMT vor der Insel Vanua Levu in Fidschi vornahmen. Im Flachwasser hinter einem Korallenriff errichteten sie 16 bodenlose Käfige, die unterschiedlich dicht mit Seegurken der Art Holothuria scabra besetzt wurden. Ein halbes Jahr lang nahmen sie regelmäßig Sedimentproben aus den umgrenzten Bereichen und maßen den Gehalt an Sauerstoff als Indikator für die Menge an verzehrter organischer Masse.

"Unsere Zahlen ergeben, dass Holothurien in einem Jahr auf einem Areal von 1.000 Quadratmetern an die 10.600 Kilo Sediment durcharbeiten", erklärt Dr. Sebastian Ferse, Riffökologe am ZMT. Dies sei doppelt so viel wie bisher angenommen. Ähnlich den Wattwürmern der Nordsee sind Seegurken somit hocheffiziente Biofilter.

Als "Staubsauger der Meere" sind sie von unschätzbarem Wert für die Meeresökosysteme. Denn an den Küsten gelangen immer mehr Abwässer aus Städten, Hotels, Landwirtschaft und Aquakulturanlagen ins Meer und überdüngen es. Die Seegurken verhindern, dass sich zu viel zerfallende organische Substanz im Meeressand absetzt, die wiederum ein Nährboden für pathogene Bakterien ist und das Wachstum von Algen begünstigt.

Pro Jahr werden allerdings 30.000 Tonnen Seegurken aus dem Meer gefangen, vorwiegend für den asiatischen Markt. In Südost-Asien sind viele küstennahe Meeresregionen bereits leergefischt. Auch in der Karibik und im Roten Meer werden diese Stachelhäuter immer seltener.

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