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Denkschmiede für "Daniel Düsentrieb"

  • Jutta Bernhard
  • In NEUHEITEN
  • 4. Juli 2018, 17:24 Uhr

Bei Continental in Hannover gibt es eine Denkschmiede für Tüftler und große und kleine 'Daniel Düsentriebs'. Sogenannte 'Innovation Communities', deren Mitarbeiter mit revolutionären Ideen die mobile Zukunft gestalten.


Bei Continental in Hannover gibt es eine Denkschmiede für Tüftler und große und kleine "Daniel Düsentriebs". So genannte "Innovation Communities", deren Mitarbeiter mit revolutionären Ideen die mobile Zukunft gestalten. Wer Continental hört, denkt zuerst an Reifen. Das ist aber nur eine Sparte des Großkonzerns. Es werden wegweisende Technologien und Dienste für die nachhaltige und vernetzte Mobilität der Menschen und ihrer Güter entwickelt. Zu Anschauungszwecken hat das Unternehmen über einen sogenannten "Innovation Truck". Dieser Lkw ist mit allerlei neuester Technologien in der Fahrerkabine ausgestattet. Wir nehmen auf dem Beifahrersitz Platz.

Zunächst sehen wir zwei Bildschirme rechts und links vom Fahrer. Das sind digitale Außenspiegel. Durch deren Einsatz könnten in Zukunft die riesigen Lkw-Außenspiegel an den Fahrerhäusern wie beim Mercedes-Benz Actros komplett wegfallen. Der Windwiderstand würde verringert und dadurch der Spritverbrauch reduziert.

Der erste Eindruck ist sensationell, aber auch gewöhnungsbedürftig. Auf dem Monitor sehen wir alles - vor und hinter dem Truck. In 3D und mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattet. Es dauert seine Zeit, bis das menschliche Auge sich umgewöhnt hat an den kompletten Rundumblick. Doch dann ist es eine Revolution. Die künstliche Intelligenz soll in Zukunft helfen, das Verhalten von Fußgängern und Radfahrern sicher abzuschätzen. Der Monitor erkennt nicht nur Umrisse, sondern ist so programmiert, dass Menschen neben dem Fahrzeug anhand einer Art Wärmebildkamera genau zu sehen sind. Auch rechts neben dem Lkw, wo sich bekanntermaßen durch schlechte Sicht die meisten Personenunfälle ereignen.

In dem Innovation Truck tut sich auch einiges in Sachen Entertainment. Kein einziger Lautsprecher ist in der Fahrerkabine verbaut, doch der Sound von AC/DC klingt besser als bei einer teuren Anlage. Wie geht das? Die klugen Köpfe bei Continental haben viel Zeit damit verbracht, die Geräuschkulisse in Fahrzeugen im Innenraum zu minimieren, sagt uns Julian Ronczka, Projektleiter System & Technology Innovation Management bei Continental. Jetzt ist es ihnen gelungen, durch Anregung von verschiedenen Bauteilen in der Fahrerkabine Klang durch Schwingungen zu erzeugen. Das Ganze heißt "Ac2ated" und lässt tatsächlich durch die Musikschwingungen die Seitenteile am Beifahrersitz vibrieren. Die Technologie nutzt sogenannte "Aktuatoren", das sind allerdings keine Standardprodukte.

Die Gewichtsersparnis ist ein großes Thema. Weniger Gewicht bedeutet weniger Spritverbrauch. Das Ac2ated System wiegt gerade einmal rund 1.000 Gramm, das sind etwa neun Kilogramm Gewicht gespart im Vergleich zu einer eingebauten Musikanlage. Es handelt sich hierbei um eine Continental-Eigenentwicklung, der Innovation Truck ist weltweit das erste Fahrzeug mit Ac2ated System, sagt uns Julian Ronczka.

Beim Spritsparen hilft auch der dynamische eHorizon von Continental. Dieses Sensorsystem analysiert den Verkehrsfluss und ermöglicht es Nutzfahrzeugen, ihre Fahrweise früh an die Verkehrssituation anzupassen. Die Vorläufer-Variante hat laut Hersteller rund eine Milliarde Euro Spritkosten gespart. Das System liefert bereits heute basierend auf hochpräzisen topografischen Streckendaten und einem GPS-Signal Informationen über die Beschaffenheit der vorausliegenden Strecke an die Steuergeräte im Fahrzeug. Das dynamische eHorizon soll in Zukunft über noch mehr Daten dank Echtzeitinformationen zur Verkehrslage verfügen.

Mitte Mai 2019 tritt eine neue Tachographen-Verordnung (EU) 165/2014 in Kraft. Dann müssen alle neu zugelassenen Lkw einen intelligenten digitalen Tachographen an Bord haben. Continental hat sich mit seinem DTCO 4.0 bereits für die Zukunft gerüstet. Die Sicherheit steht an erster Stelle, so Julian Ronczka. Die Daten werden über eine kleine, an der Windschutzscheibe installierte Antenne gesendet.

Die Continental-Experten für Fahrerassistenzsysteme haben einen Rechtsabbiegeassistenten mit künstlicher Intelligenz für Lkw entwickelt. Dieser soll in wenigen Jahren auch komplexe und nicht vorhersehbare Verkehrssituationen exakt interpretieren. Immer wieder kommt es dabei im toten Winkel zu Kollisionen mit Radfahrern - mit fatalen Folgen. Der elektronische Lebensretter von Continental warnt den Fahrer und leitet im Zweifelsfall eine automatische Notbremsung ein. Die Politik und Verbände fordern eine Einbaupflicht für Abbiegeassistenten, die Europäische Kommission und auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) sowie die Bundesregierung machen sich stark für den Einbau für Nutzfahrzeuge über 7,5 t.

Alles nur Zukunftsmusik? Wohl kaum, denn der Innovation Truck hat uns alles schon heute live präsentiert.

Jutta Bernhard / mid

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