Motor

Designer über den Dächern von Nizza

  • Lars Wallerang
  • In MOTOR
  • 15. April 2019, 15:34 Uhr

Ein Auto ist mehr als nur fahrbarer Untersatz. Neben technologischen Finessen spielt beim Verkauf auch das Design eine Star-Rolle. Denn Kunden suchen Emotionen. In Mailand und Nizza dreht sich für die japanische Marke Lexus alles um Ästhetik.


Ein Auto ist mehr als nur fahrbarer Untersatz. Neben technologischen Finessen spielt bei den Verkaufsargumenten das Design eine wesentliche Rolle. Denn wer sich ein Auto anschafft, erwirbt auch Emotionen. In Mailand und Nizza dreht sich für die japanische Marke Lexus alles um Ästhetik. Im Rahmen der Mailänder Design-Woche vergab Lexus wieder einen international ausgeschriebenen Design-Preis. Gekürt wird hier alljährlich ein Design, das die Welt zu einem besseren Ort machen könnte. Über den Dächern von Nizza ließ uns Mutterkonzern Toyota derweil ins Allerheiligste der Design-Entwicklung blicken.

Mailand bietet heute mehr als Mode rund um Armani und Bulgari. Die Design-Woche erweist sich auch als Mekka für Möbel- und Autodesigner. Vor allem Fahrzeughersteller haben die norditalienische Metropole für sich entdeckt. Beispielsweise präsentiert der koreanische Autobauer Hyundai auf dem recht zentral gelegenen Design-Messegelände eine Erlebniswelt für die Sinne. Durch Handauflegen kann der Besucher unzählige Farbnuancen kreieren - Sinnbild für die größer werdenen Möglichkeiten des Kunden, Autos zu individualisieren.

VW und Seat halten ebenso Hof wie Volvo mit der Elektromarke "Polestar". Die kleinen Messeplätze sprühen vor einfallsreichen Gags. Beispielsweise hat jemand eine historisch anmutende Hausfassade kreiert, die sich vom Gebäude abzulösen scheint - optisch noch lustig verziert mit Elementen, die an einen Reisverschluss erinnern, so als könne die alte Fassade damit nach Belieben befestigt und wieder abgelöst werden.

In dem illustren Mailänder Rahmen zeigte Lexus jetzt die neue Licht-Ästhetik der Marke. Geheimnisvolle Choreografien mit phosphoreszierenden Requisiten führten die Besucher in eine neue Welt der Präsentation von Auto-Design.

Das schöngeistige Oberstübchen von Toyota hat seinen Sitz aber nicht in Mailand, sondern viel idyllischer an der Cote d'Azur. Dort entwirft man auch die Blechkleider für die höhere Konzern-Tochter Lexus. Die Designer arbeiten mit schönstem Blick auf Seealpen und Mittelmeer - ein Panorama, das schon die Künstler Vincent van Gogh, Pablo Picasso und Marc Chagall inspirierte.

Auch Lexus-Chefdesigner Koichi Suga genießt den südfranzösischen Zauber. Der Japaner steht für ein mutiges Design jenseits von Glätte und Gefälligkeit. Wenn Koichi Suga etwas aufs Papier bringt, dann mit dynamischen, kräftigen Bleistift-Strichen. Am Beamer exeziert er vor, wie die Design-Philosophie "Lfinesse" zu verstehen ist und zeigt keinerlei Scheu vor Ecken und Kanten. Und das sieht man den aktuellen Lexus-Modellen auch an, die längst nicht mehr so bieder daherkommen wie die Fahrzeuge aus den 1990er Jahren.

Wir betreten die Designer-Spielwiese, ein mit hellbraunem Holz ausgestattetem Großraumbüro mit großen Fenstern zur Natur. "Wir haben ein sehr kleines Team", sagt Koichi Suga. Und die Arbeitsatmosphäre, die die jungen Designer dort genießen, wirkt angenehm leger.

Neben modernsten Computerbildschirmen und virtuellen Spritzpistolen für Farb-Experimente gibt es auch viel Haptisches: Stoffe für die Innenausstattung zum Beispiel. Bilder von Models befinden sich in großen Kladden nebst vieler Stoffmuster. Die Innendesigner philosophieren damit über individuelle Kombinationen von Formen und Farben, die typisch sein könnten für ein bestimmtes Model. Denn Karosserie und Interieur sollen zu Stil und Persönlichkeit realer Menschen passen.

In den Hallen der Kreativschmiede begegnet man Auto-Skulpturen wie aus weißer Keramik. Sie kommen aus dem 3D-Drucker. Für den Karosserie-Feinschliff stehen wiederum raue Mengen von brauner, lehmiger Form-Masse zur Verfügung. Handwerk ist nun gefragt: Hier schaben und kratzen Modelleure unermüdlich an den Fahrzeug-Silhouetten herum - eine Technik, wie sie mittlerweile viele Autodesigner anwenden. Doch die neuen Lexus-Modelle werden dabei nicht rund gelutscht, sondern ästhetisch ein bisschen auf Krawall gebürstet. Denn eines soll niemand mehr über einen Lexus sagen können: er sei langweilig.

Lars Wallerang / mid

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