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Projekt Golf 8: Der VW-Countdown läuft nach Plan

  • Rudolf Huber
  • In UNTERNEHMEN
  • 26. April 2019, 07:46 Uhr

Der Golf ist nach wie vor das wichtigste Auto für VW. Er ist die Inkarnation der niedersächsischen Ingenieurs-Seele, Namensgeber für eine ganze Fahrzeugklasse und wurde bisher in 45 Jahren etwa 35 Millionen Mal verkauft. Kein anderes VW-Modell ist in Europa so gefragt wie der Kompakte. Entsprechend akribisch geht die Entwicklungsabteilung bei der seit mehr als drei Jahre laufenden Operation Golf 8 vor.

Der Golf ist nach wie vor das wichtigste Auto für VW. Er ist die Inkarnation der niedersächsischen Ingenieurs-Seele, Namensgeber für eine ganze Fahrzeugklasse und wurde bisher in 45 Jahren etwa 35 Millionen Mal verkauft. Kein anderes VW-Modell ist in Europa so gefragt wie der Kompakte. Entsprechend akribisch geht die Entwicklungsabteilung bei der seit mehr als drei Jahre laufenden Operation Golf 8 vor.

Vergleichsweise dezente technische Innovationen wie bei einigen früheren Modellwechseln kann sich VW angesichts des immer schnelleren Wandels im Automobilsektor nicht leisten. Der Neue muss wieder die Maßstäbe im Kompaktsegment neu definieren. Speziell die in Sachen Konnektivität. Er demokratisiert technische Errungenschaften aus der Oberklasse für Normalkunden. Und er soll wieder einen großen Schritt hin zum autonomen Fahren in einem Massenprodukt machen.

Ein ordentliches Lastenheft, das im Wolfsburger Entwicklungszentrum unter völligem Ausschluss der Öffentlichkeit abgearbeitet wird. Hier dürfen nicht einmal alle Mitarbeiter ihr Smartphone mit an den Arbeitsplatz nehmen, so geheim geht es in den heiligen Hallen zu. Für VW war es also eine große Ausnahme, hier Zugang zu gewähren, für einen Blick auf den aktuellen Stand beim im Oktober 2019 debütierenden Hoffnungsträger.

Der Grund dafür: Es gab Gerüchte, der nächste Golf werde später und in weniger Varianten als geplant starten. Die "Anlaufkurve" sei wegen der technischen Probleme abgeflacht worden, die Produktion werde langsamer hochgefahren als geplant. VW stand erkennbar unter Druck, sprang über den eigenen Schatten und lud zum Besuch ins Versuchslabor ein.

Dass die achte Version des Dauer-Bestsellers mit gleichem Radstand und nur ein paar Millimetern mehr in der Länge bei den Händlern antreten wird, dass der cw-Wert "best in class" sein und dass das Design nur dezent aufgefrischt wird - das war zu erwarten. Ebenso, dass die Kunden einen Quantensprung bei der Vernetzung und beim Infotainment erleben werden.

Und doch ist die Konsequenz, mit der VW den volldigitalen Golf umsetzt, beeindruckend. So wird ein digitales Cockpit Serie, dazu gibt es einen 8,25-Zoll-Touchscreen in der Basis, einen mit zehn Zoll optional. Und beide Versionen werden ab dem Marktstart verfügbar sein, verspricht VW. Ebenso alle neuen Funktionalitäten, etwa die Personalisierung per Cloud, der digitale Autoschlüssel oder die natürliche Sprachsteuerung. Die Kommunikation im und mit dem Auto und die des Fahrzeugs mit seiner Umwelt wird auf dem aktuellsten Stand sein, versprechen die Chefs der Entwicklungsabteilung.

Der Golf 8 wird immer online sein, seine Bedienung über den in einem sanften Winkel zum Tacho angebrachten Touchscreen wurde so vereinfacht, dass gefährliches Wühlen in Menüs und Untermenüs der Vergangenheit angehören soll. Es funktioniert wie bei einem Tablet, mit einem Home-Button, verschiebbaren Kacheln und frei wählbaren Direktzugriffsmöglichkeiten. Auch bei Luxus-Zutaten wie der frei programmierbaren Ambiente-Beleuchtung rückt der Golf in höhere Gefilde auf, Arteon und Touareg lassen grüßen.

Der Grad der Vernetzung im neuen Massen-VW ist enorm, die Entwickler um Vorstand Frank Welsch sprechen davon, dass der Golf 8 der neue Maßstab für Connectivity und Funktionalität werden soll. Ein Chart, das dieses komplexe System darstellt, wirkt ein wenig wie ein Bauplan für einen Supercomputer oder eine grafische Darstellung der menschlichen DNA - auf jeden Fall aber enorm kompliziert.

Wie rasant sich die Datenfabrik Auto entwickelt, erklären die Techniker anhand von Zahlen: Wurden 2010 noch rund zehn Millionen Zeilen Software-Code für ein Auto geschrieben, sind es jetzt schon 100 Millionen - und die Entwicklung geht munter weiter. Alles funktioniert nur im Verbund, jedes Teil kommuniziert mit allen anderen.

Dass das Fehler geradezu magnetisch anzieht, gibt der Autobauer gerne zu. In Wolfsburg spricht man in diesem Zusammenhang von "Tickets", die abgearbeitet werden. Tausende derartiger Fehlermeldungen laufen an den imposanten Prüfständen zusammen, die rund um die Uhr sämtliche Teile des neuen Golf immer und immer wieder auf ihre Funktionalität prüfen.

Sind es denn deutlich mehr Tickets - oder Fehler - als bei bisherigen Golf-Modellen? Exakt benennen mag man das Thema in Wolfsburg nicht. Nur soviel ist zu hören: Es gebe pro Jahr im Durchschnitt bei rund 120 Fahrzeugprojekten etwa 125.000 Tickets. Diese würden sehr geschätzt. Denn je früher Fehler erkannt und lokalisiert würden, desto schneller könne man sie ausmerzen.

Fazit des Besuchs im Entwicklungszentrum aus Sicht der VW-Verantwortlichen: Beim neuen Achter-Golf liege man voll im Plan. Die Fehlerkurve werde sukzessive und zügig abgearbeitet, letztlich gehe es um ein paar Tage, die sich der Verkaufsstart, nicht die Auslieferung, verzögern könne. Und das sei angesichts der Laufzeit des Projekts Golf 8 von rund drei Jahren völlig normal.

Apropos normal: Noch im Jahr 2019 wird laut VW der erste Normalkunde nach dem ersten Schwung an Vorführwagen für die Händler sein komplett individuell konfiguriertes Auto bekommen. Dabei kann es sich um einen 1.5 TSI mit und ohne Mildhybrid-Unterstützung oder einen Zweiliter-TDI handeln. Die übrigen Varianten vom 1.0 TSI über GTI, GTE, TGI (Erdgas), Plug-in-Hybrid, R-Line oder R folgen nach und nach. Alles wie gewohnt in Wolfburg, so die Botschaft.

Rudolf Huber / mid

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