Künstliche Intelligenz

,,Die Industrie sucht händeringend nach Fachkräften"

  • Hans-Robert Richarz, cen/ampnet
  • In TECHNIK
  • 26. Mai 2019, 09:22 Uhr

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Dr. Manuel Götz ist ,,Director Innovation & Technology" des ZF AI & Cybersecurity Centers in Saarbrücken. Der Spezialist für Künstliche Intelligenz ist beim Zulieferer ZF Friedrichshafen verantwortlich für die Entwicklung der Produkt- sowie Technologiestrategie und Advanced Engineering im Bereich der KI. Er interessiert sich besonders für Themen wie autonomes und automatisiertes Fahren und Robotik. Mit unserem Mitarbeiter Hans-Robert Richarz sprach er über das Autofahren von morgen. Der zweite Teil des Interviews dreht sich um die dafür erforderliche Künstliche Intelligenz.

Die Bundesrepublik hat das Ziel formuliert, Deutschland solle demnächst auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz international ganz vorne dabei sein. Wie soll das angesichts bescheidener finanzieller Unterstützung funktionieren? Der Etat mancher chinesischen Stadt für KI ist größer als die Hilfen durch die öffentliche Hand.

Dr. Götz: Staatliche Förderungen helfen natürlich. Und speziell im Bereich der Forschung sind solche Förderungen auch notwendig, um an der Weltspitze dranzubleiben. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Thema weiterhin im Fokus der Regierung bleibt, denn wir haben viele Spitzenforschungsinstitute im Bereich der KI - etwa das DFKI in Saarbrücken -, die international absolut mithalten können. Aus meiner Sicht wäre zusätzlich auch eine noch bessere oder unbürokratischere Förderung der Industrie zu begrüßen - im Bereich von Leading Edge Industrieentwicklungs- und Forschungsprojekten.

Was wünschen Sie sich persönlich für die Weiterentwicklung der KI? Wo liegen Chancen und wo Risiken?

Dr. Götz: Ich wünsche mir natürlich eine Intensivierung der Forschung, sodass wir zügig ein noch besseres Verständnis und eine größere Transparenz speziell im Bereich Deep Learning erreichen. Chancen für KI sehe ich insbesondere in Bereichen, in denen wir es mit hohen Datenmengen oder komplexen Systemen zu tun haben. Aber auch in Bereichen, in denen es uns Menschen aktuell (noch) viel leichter als klassischen Algorithmen fällt, Informationen zu verarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Aktuelle Beispiele sind hier etwa der Bereich der Computer Vision oder des Natural Language Processing, wo wir mittels KI-Methoden große Durchbrüche gesehen haben.

Auch eine höhere Akzeptanz von KI in der Öffentlichkeit und eine kritische aber offene Diskussion mit weniger Polemik und Dämonisierung würde ich mir wünschen. Sicherlich kann KI in den falschen Händen negative Auswirkungen haben - aber das ist eine Diskussion, der sich die meisten neuen Technologien stellen mussten und auch in Zukunft stellen müssen. Hier würde ich mir die offene kritische Diskussion über Chancen und Risiken wünschen.

Sie haben Ihre Promotion mit natürlicher Intelligenz bewältigt. Wird die Generation Ihrer Enkel oder Urenkel ihre Dissertation wesentlich mit Künstlicher Intelligenz bestreiten?

Dr. Götz:(lacht) Ich hoffe schon, dass die zukünftigen Generationen noch viel menschliche Intelligenz in Ihre Dissertationen stecken müssen - aber es wird sich Einiges verändern und KI wird dabei definitiv eine Rolle spielen: zum Beispiel bei der Analyse von Forschungsdaten oder Bildung von Modellen. Oder bei Hilfsmitteln wie z.B. der Spracherkennung und der Übersetzung beim Verfassen der schriftlichen Arbeit. Oder bei der Suche nach Forschungsliteratur. Das sind Themen, die nicht weit weg sind bzw. teilweise schon Anwendung finden. Inwieweit das dann in die Bewertung der (Eigen-)Leistung einfließen muss oder dazu Regeln und Rahmenbedingungen eingeführt werden müssen, kann ich aktuell nicht beurteilen. Ich denke, so lange es klar der Unterstützung dient, als solche erkennbar ist und die eigene kreative Forschungsleistung nicht in Frage steht, wird es nichts einzuwenden geben.

Wie beurteilen Sie den Arbeitsmarkt für junge Wissenschaftler, die sich auf das Gebiet der KI spezialisiert haben? Es ist doch wohl anzunehmen, dass diese Leute kaum Probleme bei ihren Gehaltsverhandlungen haben dürften.

Dr. Götz: Ja, die Chancen für KI-Experten sind aktuell auf dem Arbeitsmarkt sehr gut, die Industrie sucht händeringend nach Fachkräften. Und ich denke, dass das auch noch auf absehbare Zeit so bleiben wird, da das Feld der KI sehr groß und die Anwendungsmöglichkeiten vielfältig sind. Es werden sich in Zukunft sukzessive neue Anwendungsfelder für KI auftun und ich bin der Überzeugung, dass uns KI als Technologiefeld in Zukunft immer stärker begleiten wird.
(ampnet/hrr)

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