Fahrbericht

High-Tech, stilvoll verpackt

Mit dem schicken Evoque landete Range Rover einen Hit. Jetzt rollt die zweite Generation an. Ein Alltags-Test.


Gerry McGovern ist offensichtlich ein Frauenversteher. Jedenfalls hat der Chefdesigner von Land Rover mit dem neuen Range Rover Evoque ein SUV geformt, das bei Damen jeden Standes und Alters ankommt. "Sieht der aber gut aus", kommentiert die Nachbarin des Testfahrers, immerhin überzeugte Porsche-Fahrerin. "So ein schönes Auto", meint die Schwiegermutter, immerhin überzeugte Nutzerin des öffentlichen Nahverkehrs.

In der Tat gehört der Geländewagen zu den wenigen auf dem Markt, die man als elegant und stylish bezeichnen kann. Dabei stand am Anfang seiner Karriere eine Fehleinschätzung: Als die (mittlerweile zum indischen Tata-Konzern gehörenden) Briten vor neun Jahren die erste Generation präsentierten, schoben sie voller Stolz die dreitürige Version in den Vordergrund. Ein SUV für Städter und kinderlose Paare, schick, flach und mit Coupé-Heck - wozu da Türen im Fond? Hier gilt's dem Design.

Der Evoque geriet tatsächlich zu einem Bestseller im Modellprogramm, 800 000 mal verkauft, zu 73 Prozent an Städter, zu 70 Prozent an Leute ohne Kinder. Punktlandung, Mission Urban SUV erfüllt. Nur das mit den drei Türen hat nicht funktioniert: Fast alle Käufer griffen zur Version mit direktem Einstieg für Hinterbänkler. Ist halt praktischer, und Praktikabilität gehört eben zu einem SUV wie die höhere Sitzposition. Die neue und zweite Generation, welche die britische Tochter des indischen Tata-Konzerns nun anschiebt, gibt's folgerichtig nur noch als Fünftürer.

Das Konzept blieb das Gleiche: Ein Offroader in schickem Design, bis hin zu den versenkten Türgriffen, die beim Entriegeln ausfahren. Da staunt schon mancher Passant, wenn die Henkel aus- und wieder einfahren. Die Coupéform kostet natürlich manchmal Praktikabilität: sehr sperriges Gepäck lässt sich aufgrund der abfallenden Dachlinie nur schwierig verstauen, auch nach umklappen der Rücksitze bleibt eine störende Stufe im Laderaum. Aber was soll's, Golfgepäck und Irish Setter passen locker rein.

Im Passagierraum dominieren Stil und Wohnlichkeit; und auch wenn der Evoque nicht als Familientransporter konzipiert ist: zwei, selbst drei Passagiere finden auf der Rückbank einigermaßen Platz für Ellbogen und Kopf. Das komfortable Fahrwerk passt dazu perfekt für die entspannte Langstrecken-Tour.
Auf der Autobahn summt das SUV-Coupe souverän dahin, bei Bedarf kann man es auf kurvigen Landstraßen auch zügig angehen lassen. In einen Sportlichkeits-Wettbewerb mit Porsche Macan oder BMW X3 tritt der neue Evoque aber nicht ein. Auch der von FAT getestete Top-Diesel mit 240 PS passt zu diesem Charakter: Nur im Stand ist er als Selbstzünder überhaupt wahrnehmbar; unterwegs überzeugt er durch Laufruhe und souveräne Leistungsentwicklung.

Zur entspannten Fahrt trägt auch die famose (wieder über konventionellen Hebel bedienbare) Jaguar-Land-Rover-Automatik bei, die ihre neun Gänge fast ohne Schaltpausen sortiert. Dazu gibt's die typisch britische Ausstattung mit Edelholz, Leder und anderen hochwertigen Materialien. Das Cockpit ist natürlich voll digital und virtuell, mit zwei Touchscreen, deren oberes endlich auch Apple CarPlay und Android Auto unterstützt. Der richtige Hingucker aber ist das helle Display mit dem Bild einer Heck-Kamera im Rückspiegel, das auf Knopfdruck den designbedingt schmalen Durchblick nach hinten ersetzt. Es erhöht den Blickwinkel und die Übersicht nach hinten - derart deutlich - auch, wenn sich Gepäck im Kofferraum türmt - dass man sich fragt, warum das anderen Autohersteller bislang nur für die Außenspiegel eingefallen ist.

Darüber hinaus können Kameras unten im großen Mitten-Display quasi die Motorhaube ausblenden: Praktisch für das innerstädtischen Einparken am Bordstein - und natürlich im Gelände. Wenn man denn mit dem schicken Evoque dort unterwegs sein möchte. Technisch ist das kein Problem, denn der Evoque ist, bis auf den Basis-Diesel mit Frontantrieb, extrem geländegängig. Der Drehschalter zwischen den einzelnen Offroad-Modi ist kein separater mehr, sondern jener Multi-Steller, mit dem sich beispielsweise auch die Temperatur der Klimaanlage vorwählen lässt.

Moderne Zeiten eben, auch bei den einstmals konventionellen britischen Autobauern. Nicht ganz modern dagegen der Verbrauch - obwohl der Vierzylinder als milder Hybrid arbeitet, wies der Bordcomputer im Alltag über neun Liter Diesel-Konsum aus. Aber es war eben schon immer etwas teurer, mit Stil unterwegs zu sein. Und für Klimaschützer bieten die Engländer ja immerhin noch den voll elektrischen Jaguar i-Pace an. Der sieht ja auch ganz schick aus.

Marcus Efler / mid

Technische Daten Range Rover Evoque D240 AWD:

Fünftüriges, fünfsitziger SUV, Länge/Breite (mit, ohne Außenspiegel)/Höhe/Radstand in Millimeter: 4.371/2.100,1.996/1649/2.681, Leergewicht: 1.955 kg, Zuladung: 630 kg, Anhängelast gebremst/ungebremst: 2.000/750 kg, Kofferraumvolumen: 591 - 1.383l, Tankinhalt: 65 l, Preis: ab 49.150 Euro.
Antrieb: 4-Zylinder-Turbodiesel (Mildhybrid), Hubraum: 1.999 ccm, Leistung: 177 kW/240 PS bei 2.400 U/min, max. Drehmoment: 500 Nm bei 1.500 - 2.500 U/min, 9-Gang-Automatik, 0 - 100 km/h: 17,7 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h, Allradantrieb, Normverbrauch: 6,3 - 6,2 l/100 km, Testverbrauch: 9,3 l/100 km, CO2-Emission: 165 - 163 g/km, Schadstoffklasse: Euro 6d-Temp.

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