Motorsport

Herr Glock sucht das Glück

  • Andreas Reiners
  • In SPORT
  • 22. Juli 2019, 11:16 Uhr

Das Lächeln hat Timo Glock nicht verloren, seinen Humor auch nicht. Die positive Einstellung ist weiterhin da, der Blick nach vorne auch. Auch wenn es schwerfällt. Denn der frühere Formel-1-Fahrer steckt in der DTM in einer verzwickten Situation. Es ist sein siebtes Jahr in der Tourenwagen-Serie, das berühmte verflixte also. Und wieder wird es nichts werden mit dem Titel.


Das Lächeln hat Timo Glock nicht verloren, seinen Humor auch nicht. Die positive Einstellung ist weiterhin da, der Blick nach vorne auch. Auch wenn es schwerfällt. Denn der frühere Formel-1-Fahrer steckt in der DTM in einer verzwickten Situation. Es ist sein siebtes Jahr in der Tourenwagen-Serie, das berühmte verflixte also. Und wieder wird es nichts werden mit dem Titel.

Wieder klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, diesmal sogar ziemlich weit. Denn Glock belegt nach zehn von 18 Saisonrennen mit 33 Punkte nur Gesamtplatz zwölf. Die eigenen Ziele waren fraglos andere: Um die Meisterschaft wollte der 37-Jährige mit seinem BMW M4 DTM fahren.

Spricht man mit einem Rennfahrer über sportliche Krisen, geht es um vielschichtige Zusammenhänge. Schließlich gibt es nicht nur den Fahrer, sondern auch das Auto, also Technik. Oder das Team. Die Gegner. Die Umstände, ja, sogar das Wetter spielt eine Rolle.

Am Rennwochenende in Assen fuhr der BMW-Pilot im Regen jetzt endlich mal wieder vorne mit, wurde am Samstag Fünfter, war stark unterwegs. Am Sonntag dann wieder ein Rückschlag - Platz 14, im Mittelfeld aufgerieben, irgendwo im Nirgendwo.

"Im Nassen wissen wir, dass es geht", sagt Glock: "Im Regen war ich immer stark. Deshalb hoffe ich, dass es beim nächsten Rennwochenende in Brands Hatch typisches englisches Wetter gibt und es nur regnet." Viel ändern wird es an der Saison nicht, aber es sind die kleinen Schritte, mit denen man sich aus dem Tief herauszieht.

Er trägt die unbefriedigende Situation mit Fassung, mit Humor. Dass Kritiker sagen, er habe nach dem Wechsel aus der Königsklasse und Ende 2019 dann sieben Saisons ohne Titel hinter sich - geschenkt. Auslaufmodell - es ist eine Bezeichnung, mit der man sich mit 37 Jahren und dürftigen Resultaten auseinandersetzen muss.

Bei Glock gibt es aber tatsächlich nicht die eine Erklärung, da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Dreimal wurde er zum Beispiel von Teamkollegen "abgeräumt". Oder am Auto ging etwas kaputt. Es ist weniger die eigene Klasse als eine Verkettung unglücklicher Umstände. Zum fehlenden Glück kommt dann eben noch Pech dazu.

Wie geht ein Rennfahrer damit um, wenn es nicht läuft? Wenn sich die Gedanken im Kreis drehen? Wenn er auf die Wende wartet, die nicht kommt? Timo Glock macht den Großteil mit sich selbst aus. Die Lust, das Thema auch nach einem Rennwochenende durchzukauen, ist begrenzt. "Denn du wirst dann andauernd mit den Problemen konfrontiert. Wie oft ich das Wort Pech schon gehört habe - das haftet inzwischen schon an mir. Es raubt Energie, wenn du immer wieder über die negativen Dinge reden musst. Ich versuche deshalb, es Zuhause nicht mehr zu tun und abzuschalten", sagte er Auto Bild Motorsport.

Stattdessen versucht er, die Situation positiv anzugehen. Ein bisschen wie Lewis Hamilton in der Formel 1: "Für ihn gibt es nur positiv. Und: Er macht immer genau das, was er will. Das ist der Trick, den ich auch versuche: Das Ganze positiv zu sehen." Er gibt zu: "Diese Momente nagen an einem, es ist schwer." Von Selbstzweifeln ist er aber noch weit weg. "Die würden kommen, wenn ich hinterherfahre. Aber ich war vom Speed her immer dabei." Mit Mentaltrainern hat er zusammengearbeitet, hat auch gewisse Dinge für sich herausgezogen. Doch in einer Situation wie dieser bringt auch der beste Mentaltrainer nichts.

Was hilft? Die Familie. Ablenkung bringen seine beiden Kinder. Die interessieren sich nicht für ein verpatztes Setup, Kollisionen, Luftdrücke oder Fahrfehler. Die wollen mit ihrem Vater spielen. "Kinder leben dir vor, wie einfach man denken sollte. Sie denken im Jetzt." Ist es denn eine verlorene Saison? "In meinem Alter ja", scherzt er. Er weiß aber auch, dass das nicht so falsch ist. Glock: "Jede Saison ist verloren, in der ich nicht um die Meisterschaft fahre. Ich bin keiner, der vorher herumposaunt, dass er Meister werden will. Aber im Innern war ganz klar mein Ziel, um die Meisterschaft zu fahren." Vielleicht dann 2020. Wenn Glock das Glück wiederfindet.

Andreas Reiners / mid

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