Fahrbericht

Ford Transit: Dauerbrenner wird elektrisch

  • Klaus Brieter
  • In FAHRBERICHTE
  • 27. September 2019, 12:24 Uhr

Seit 60 Jahren ist der Ford Transit aus dem Segment der kleineren und mittleren Nutzfahrzeuge nicht mehr wegzudenken. Bei wachsendem Zuspruch: Die Transit-Verkäufer summen vor Freude und melden Jahr für Jahr steigende Verkaufszahlen. Jetzt fährt der Cargo-Dauerbrenner in eine neue Runde.


Seit 60 Jahren ist der Ford Transit aus dem Segment der kleineren und mittleren Nutzfahrzeuge nicht mehr wegzudenken. Bei wachsendem Zuspruch: Die Transit-Verkäufer summen vor Freude und melden Jahr für Jahr steigende Verkaufszahlen. Jetzt fährt der Cargo-Dauerbrenner in eine neue Runde. Dabei spielt die Elektrifizierung - wenigstens teilweise - eine wichtige Rolle: als Mild-Hybrid und Plug-In-Hybrid.

Der neue Transit ist am maßvoll geänderten Außen-Design und auch am praktischer gestalteten Innenraum zu erkennen. Aber die großen Veränderungen fanden unter dem Blech statt. Über 4.600 Komponenten wurden geändert oder ersetzt. Dabei wurde dem Lastenesel, der sich auch als Personentransporter und als Basis für Wohnmobile anbietet, zudem eine Entschlackungskur verordnet. Das eingesparte Gewicht kommt der Nutzlast mit einem Plus bis zu 75 Kilogramm zugute: ein wichtiger Faktor im Transportwesen.

Wer Transit sagt, meint damit aber kein einzelnes Modell, sondern ein Portfolio in verschiedenen Größenklassen. Denn unter dem "dicken" Transit ohne Zusatzbezeichnung aus der Klasse der Dreieinhalbtonner rangieren noch die zierlicheren Versionen Transit Custom und Transit Tourneo Custom aus dem Eintonner-Bereich. Genau an dieser Stelle verzweigen sich auch die Meldungen über die Innovationen der beiden Linien. Während der Transit auf Wunsch bei den front- und heckgetrieben Varianten ab sofort über 48-Volt-Technik verfügt, die ihn zu Mild-Hybrid macht, sind Custom mit kurzem Radstand und niedriger Dachlinie und Tourneo Custom als Plug-In-Hybride zu haben, mit denen der Kunde auch rein elektrisch fahren kann.

Zurück zum großen Transit. Die optionale 48-Volt-Technik ermöglicht mehr "Boost", wie die Ingenieure die gewonnene Schubkraft aus niedrigen Drehzahlen beim Beschleunigen gern bezeichnen. Außerdem steckt der integrierte riemengetriebene Startergenerator die im Stadtverkehr häufig anfallenden Start-Stopp-Manöver lockerer weg. Im Schubbetrieb nutzt der Wagen die kinetische Energie und rekuperiert fleißig elektrische Energie, die in die Batterie zurückfließt. Im WLTP-Fahrzyklus schlägt diese Technik mit einer Verbrauchssenkung von drei Prozent zu Buche. Zudem hat Ford bei dieser Modellreihe die Palette der Dieselmotoren um eine extra starke Version angereichert. Wer sich für diesen Kraftbolzen entscheidet, verfügt über 185 PS, die aus 2 l Hubraum generiert werden. Und für das Frühjahr 2020 ist sogar noch eine 10-Gang-Automatik avisiert.

Der Leistungszuwachs ist für Kunden mit entsprechendem Anforderungsprofil sicher eine freudige Nachricht, aber nicht der ganz große Brüller. Den liefert Ford eher mit den Hybriden der Custom-Modelle. Denn Plug-In-Hybriden sind im Nutzfahrzeugsegment ein absolutes Novum. Damit trifft Ford den Nagel auf den Kopf. Schließlich erfüllen die kleineren Transporter oft im urbanen Bereich ihre Pflichten im Zustell- oder Servicegewerbe. Also dort, wo zunehmend mit strengeren Abgasregeln bis hin zu Fahrverboten für Verbrennungsmotoren zu rechnen ist. Geschickt sind bei Custom und Tourneo Custom ein dreizylindriger Einliter-Benziner, eine 13,6 kW-Batterie und ein Elektromotor mit 126 PS als Antriebssystem gekoppelt. Wie wir auf einer Testfahrt bei Stockholm feststellen konnten, arbeitet das System im Wechsel aller Fahrmodi sehr diskret und effektiv.

Mit voll geladener Batterie kommen Lastenesel oder Personentransporter theoretisch 56 km weit, ohne dass sich der Verbrennungsmotor zu Wort meldet. Wenn er letztendlich startet, dann arbeitet er lediglich als Stromlieferant für die Batterie: er treibt keine der beiden Achsen an. Die Räder des Fronttrieblers werden ausschließlich vom Elektromotor in Rotation versetzt. Insofern dient der Benzinmotor nur als "Range-Extender", also Reichweitenverlängerer, ähnlich wie bei der entsprechenden Version des BMW i3. Der Aktionsradius weitet sich bei vollem Tank dann um weitere 440 km aus. Spätestens nach rund 500 Kilometern muss der Ford an die Tankstalle oder Steckdose. Den WLTP-Verbrauchswert der Plug-In-Modelle beziffert Ford beim Custom mit 2,7 l/100km und den für den Tourneo mit 3,1 l/100 km.

Apropos Steckdose: Hängt der Ford an einer 230-Volt-Stromversorgung eines Haushalts, dann braucht es 4,3 Stunden, um die leere Batterie wieder aufzufüllen. Mit einem handelsüblichen Typ-2-Ladestecker geht es in 2,7 Stunden. Als Hybrid-Version haben Transit Custom und Turneo Custom nicht nur bei einzelnen Kunden gute Chancen. Es ist damit zu rechnen, dass sich vermehrt Flottenmanager bei Ford melden und detaillierte Angebote einholen. Denn die Wartungs- und Betriebskosten rangieren auf einem niedrigeren Niveau als die eines adäquaten Dieselmodells. Hinzu kommt: Mit dem ab 2020 verfügbaren "Geofencing-Modul" wechselt der Wagen automatisch in den reinen Elektromodus, wenn er in eine Umweltzone oder einen individuell definierten Bereich einfährt.

Für kleine Flotten bis maximal fünf Fahrzeuge hält Ford künftig die pfiffige "FordPass Pro"-App bereit, mit der sich der Fuhrpark einfach überwachen und steuern lässt. Einsatzzeiten, Verbräuche, Inspektionstermine und Fahrprofile lassen sich überraschend einfach kontrollieren. Voraussetzung dafür ist ein entsprechendes Modem an Bord - bei einigen Modellen sogar serienmäßig. Klar, dass weitere interessante Fuhrpark-Lösungen im Rahmen der Konnektivität schnell folgen werden.

Und die Preise? Beim Transit Kastenwagen starten sie bei 33.855,50 Euro (inkl. Mehrwertsteuer). Mit dem 185 PS Dampfhammer müssen bereits mindestens 44.327,50 Euro gelöhnt werden. Und für den Transit Custom mit Hybridantrieb sind wenigstens 57.114,05 Euro fällig. Mal sehen, ob das Ford Marketing Ende 2020 wieder einen neuen Verkaufsrekord verbuchen kann, und wie hoch der Hybrid-Anteil dann sein wird. Wer auf einen rein elektrisch betriebenen Transit wartet, muss sich allerdings noch bis 2022 gedulden.

Klaus Brieter / mid

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