Fahrbericht

Oh là là - her mit dem kleinen Elektro-Franzosen

Schon 22 Millionen Kunden hauchten ein zartes 'Oui' und kauften sich den kessen Franzosen. Den Peugeot 205, der sich im Verlauf der vergangenen vier Jahrzehnte als Erfolgsmodell auch in der firmeninternen Nomenklatur nach oben arbeitete und jetzt als 208 daherkommt. So wichtig ist das Modell für den PSA-Konzern, dass sogar dessen Chef bei der Fahrpräsentation vorbeischaute.


Schon 22 Millionen Kunden hauchten ein zartes "Oui" und kauften sich den kessen Franzosen. Den Peugeot 205, der sich im Verlauf der vergangenen vier Jahrzehnte als Erfolgsmodell auch in der firmeninternen Nomenklatur nach oben arbeitete und jetzt als 208 daherkommt. So wichtig ist das Modell für den PSA-Konzern, dass sogar dessen Chef bei der Fahrpräsentation vorbeischaute.

Obwohl gebürtiger Portugiese, ist der Peugeot-Citroen-Opel-Boss Carlos Tavares (61) durch und durch Franzose. "Freie Mobilität ist die Grundlage der Demokratie", formuliert er beim Tischgespräch kämpferisch. "Wir" - und damit meint er die Autokonzerne - "müssen Lösungen bringen. Das ist auch eine Chance für uns." Elektromobilität ist für Tavares die Antwort, um die immer schärfer werdenden Umweltauflagen zu erfüllen und den Kampf gegen die CO2-Emissionen aufzunehmen. Aber er will den Kunden die Liberté, also die Freiheit der Entscheidung, überlassen.

"Kaufen Sie einen Peugeot und wählen Sie dann Ihren Antrieb", sagt er. Und der darf beim Megaseller 208 gerne elektrisch sein. Ab nächstem Jahr beginnt die Auslieferung, bei den Franzosen rechnet man mit einem Marktanteil von zehn Prozent. Warum nicht mehr? Fehlende Lademöglichkeiten - und natürlich auch der Preis. Denn zwischen dem günstigsten Modell, dem Pure-Tech-Benziner mit 75 PS in absoluter Basisausstattung, und dem e-208 in der Aktive-Ausführung liegen Welten. 15.490 Euro kostet der eine, der andere startet erst bei 30.450 Euro.

Zwei herkömmliche Fahrzeug kosten also so viel wie ein E-Auto. Damit hat man aber die Rechnung ohne den (Betriebs-)Wirt gemacht. Zwar liege der Anschaffungspreis eines E-Autos höher, man müsse aber, um zu einem reellen Ergebnis zu kommen, die Wartungs-, Ersatzteil- und Betriebskosten mit einbeziehen, sagen die Franzosen. Weniger Wartung trifft zum Beispiel auf die Kupplung zu, die es in einem E-Auto ja nicht gibt. Auch bei Verschleißteilen, etwas bei den Bremsen, fahre man finanziell besser. Und die Energiekosten seien im Betrieb auch geringer. So ergäbe sich laut Peugeot ein Nullsummenspiel. Ein e-208 sei genauso teuer wie ein herkömmlicher Verbrenner.

Im Gegensatz zu anderen E-Autos merkt man dem Elektro-208 seinen alternativen Antrieb nicht gleich an. Außer der fast lautlosen Fortbewegung, einem kleinen e auf der C-Säule und den fehlenden Auspuffrohren unterscheidet er sich äußerlich kaum vom Verbrenner. Rund 310 Kilo schwerer, die Batterien im Boden unter den Vordersitzen und der Rückbank untergebracht, weist er von vornherein einen besseren Schwerpunkt auf. Noch knackiger, noch strammer liegt der e-208 dadurch auf der Straße. Das Mehrgewicht merkt man dabei gar nicht, das überspielen das satte Drehmoment und die Kraft der 150 Pferdestärken. Wählen kann man zwischen fünf Fahrmodi. Eco, Normal und Sport und bei Letzterem kann man die Rekuperationstärke auch noch in zwei Stufen einstellen.

Geschont haben wir bei der Testfahrt weder Auto noch Batterie, aber wir wollten ja auch die tatsächliche Reichweite testen. Nach dynamischer, 65 Kilometer langer Fahrt blieben von ursprünglich 300 Kilometern nur noch 180 Kilometer übrig. Bei einem Verbrauch von 17,6 kw/h und damit leicht über den angegebenen Werten. Dass man bei einer täglichen Distanz von unter 50 Kilometer und bei einer Gesamtreichweite von 340 Kilometern nur einmal in der Woche tanken muss, wie von Peugeot angepriesen, können wir uns somit leider nicht vorstellen.

Es sei denn, man legt den Spaßfaktor beiseite und behandelt das Gaspedal ein wenig vorsichtiger als wir. Oder der Fahrer bevorzugt im Normalbetriebe die höchste Rekuperationsstufe, denn dann lädt der e-208 ordentlich nach. Es macht sogar Riesen-Spaß, wenn man nur mit dem Gaspedal fährt und versucht, fast ganz ohne die Bremsen auszukommen.

An einer 220-Volt-Steckdose dauert das Aufladen knapp 24 Stunden. Mon Dieu, das ist viel zu lang! Mit Wallboxen kommt man auf Werte zwischen elf und fünf Stunden. Ein 100-kw-Schnelllader pumpt 80 Prozent Leistung in 30 Minuten in die Batterie. Die soll immerhin acht Jahre oder 160.000 Kilometer lang halten. Zumindest bis zu 70 Prozent Restkapazität.

Aber nun zu den anderen Motoren. Bei den haben wir das 101-PS-Triebwerk und das Spitzenmodell mit 130 PS ausprobiert. Basis ist immer ein 1,2-Liter großer Reihen-Vierzylinder, der in der 101-PS-Variante wahlweise mit einem 6-Gang-Handschalter oder mit der neuen 8-Gang-Wandler-Automatik ausgestattet ist. Den 130er gibt es nur mit Automatik. Wir würden in jedem Fall zu Letzterem raten, weil der Handschalter leider nicht mit dem Anspruch des neuen 208 mithalten kann. Lange Schaltwege, lasche Führung - knackig ist hier rein gar nichts und so leidet das Fahrvergnügen beträchtlich. Schade, denn das Fahrwerk ist fein abgestimmt, nicht zu hart, aber nicht zu weich. Die engen Kurven im südlichen Hinterland von Lissabon fordern Motor, Lenkung und Stoßdämpfer wirklich heraus. Aber der neue 208er beweist, dass er ein echter Kerl ist. Exactement und mit viel Bravour flitzt der kleine Racker durch die Kurven, dass es eine wahre Freude ist. Ob als Benziner, Diesel oder als Elektro.

Überzeugend ist auch das neue iCockpit, das dreidimenisonal daherkommt. Design und Mode - das können die Franzosen. Auch außen. Die Klauen-Optik an Front und Heck wirkt dynamisch, frech und macht auch ein kleines Auto ganz groß. Auf dem Laufsteg der mobilen Eitelkeiten erntet der 208 damit mindestens ein Raunen, wenn nicht sogar Beifallsstürme.

Wer suchet, der findet beim neuen Franzosen natürlich auch den ein oder anderen Makel. Den Handschalter haben wir schon erwähnt, die Verbräuche sind bei den Benzinern mit deutlich über sieben Litern auch nicht unbedingt heldenhaft. Alles Petitessen im Vergleich zum autonomen Fahren der Stufe zwei, das der Peugeot angeblich beherrschen soll. Der Test auf der Autobahn zeigt: Wenn man das System machen lässt, taucht mit Sicherheit die Polizei relativ schnell im Rückspiegel auf. Das Auto pendelt erst wie ein wildgewordener Kuhschwanz zwischen den Straßenmarkierungen, um dann den durchgezogenen Strich zu ignorieren und stur auf das Geländer der Vasco-Da-Gama-Brücke zuzuhalten. Da müssen die Ingenieure noch üben. Dabei dürfen sie sich ruhig Zeit lassen. Denn das Selberfahren ist beim neuen 208 einfach zu schön, um es dem Computer überlassen.

Rudolf Bögel / mid

Technische Daten Peugeot e-208

- Länge / Breite / Höhe: 4,05 / 1,96 / 1,43 m
- Motor: Dreiphasen-Synchronmotor mit Permanentmagnet
- Getriebe: Automatik mit fester Getriebeübersetzung
- Batteriekapazität: 50 kw/H
- Leistung: 100 kW/ 136 PS
- max Drehmoment: 260 Nm
- 0 - 100 km/h: 8,1 s
- Spitze: 150 km/h
- Reichweite: 340 km (WLTP)
- Normverbrauch: 16,9 kw/h
CO2-Emissionen: 0 g/km
Effizienzklasse: A+
Preis: ab 30.450 Euro

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