Laster

Neu im Revier

  • Wolfgang Tschakert
  • In NEUHEITEN
  • 18. Februar 2020, 09:04 Uhr

Der Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN erneuert sein Lkw-Programm. Alle Baureihen erhalten runderneuerte Fahrerhäuser, zur Weltpremiere der neuen Lkw-Familie standen natürlich moderne Assistenzsysteme im Fokus.


Der Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN erneuert sein Lkw-Programm. Alle Baureihen erhalten runderneuerte Fahrerhäuser, zur Weltpremiere der neuen Lkw-Familie standen natürlich moderne Assistenzsysteme im Fokus.

Sie haben lange auf sich warten lassen, das gestehen selbst die loyalsten MAN-Verkäufer den Kritikern zu. Gerade die schweren MAN-Lkw, die Brot-und-Butter-Fahrzeuge der Münchner - sie waren bereits seit 20 Jahren auf dem Markt und mussten sich zuletzt gegen eine Phalanx jüngerer Wettbewerber behaupten. Aber gar nicht so schlecht, auf dem deutschen Markt zog MAN mit seinen wenig reparaturanfälligen Sattelzugmaschinen sogar am Marktführer Mercedes-Benz vorbei. Und jetzt zeigt die Traton-Tochter MAN ihr neues Lkw-Programm, mit der sie nahtlos an die Erfolge der Vorgänger-Modelle anschließen will.

Beim ersten Kontakt mit dem Flaggschiff TGX erkennt der Experte den großen Kubus des Fahrerhauses, ein bewährtes Format. Denn die MAN-Entwickler haben bei der Entwicklung auf den Rohbau des Vorgängers zurückgegriffen. Auch wenn viele Marktbegleiter eher Adaptionen der neuen Scania-Kabinen erwartet hätten. Die Entscheidung hat auch Vorteile: Vor allem geringere Entwicklungskosten, die TGX- und TGS-Kabinen konnten schon bisher mit ihrer Raumökonomie und ihren geringen Gewichten überzeugen.

Für ihren Auftritt bekamen die Neuen ein geschärftes Outfit, das nicht nur optisch, sondern auch aerodynamisch überzeugen soll. Und funktional, wie der neue Einstieg, der nun breiter ausfällt und näher an die Radhäuser rückt. "Man kann jetzt bequem und kerzengerade aufsteigen", erklärt Chefdesigner Holger Koos. Die Prosa aus der Pressemappe, "der organische Schwung aus der Frontpartie fließt hinüber in die Flanken und schließt mit eleganten Luftleitkörpern hach hinten ab", muss man nicht so wörtlich nehmen. Aber gutes und stattliches Aussehen kann man vor allem dem neuen MAN-Flaggschiff nicht absprechen.

Es sind vor allem die inneren Werte, die für die MAN-Newcomer sprechen. Viel Platz im Innenraum, nur ein minimaler Motortunnel für den TGX, es ist eigentlich nur eine Schwelle. Und damit steht dem MAN-Fahrer jetzt viel Wohnraum zur Verfügung, weil endlich auch der lästige Feststellbremshebel eliminiert wurde. Ein Hebelchen im Armaturenbrett übernimmt die Funktion, selbstverständlich macht das jetzt eine elektrische Handbremse. Sie rückt automatisch ein, wenn der Motor abgestellt wird, mit einem kleinen Klick ist sie aktiviert und löst sich beim Anfahren mit zunehmendem Drehmoment. Auch die Gangwahl per Drehwählschalter erfolgt griffgünstig am Instrumententräger.

Der ist übrigens ganz neu und rechts dem Fahrer zugewandt und wohl geordnet. Aber die MAN-Entwickler muten den Fahrern keine Smartphone-Oberflächen und überbordende Menü-Funktionalitäten zu. Der Lichtschalter sitzt links oben, wo er hingehört - auch wenn die neuen MAN über eine Lichtautomatik verfügen. Ein zentraler Drehdrücksteller mit gleich zwei Verstellringen, er heißt bei MAN SmartSelect, übernimmt die Steuerung zahlreicher Bediengeräte. Aber wenn sich der Fahrer mehr Wärme oder Kälte in der Kabine wünscht, muss er nicht suchen. Er greift intuitiv kurz an den Drehschalter des Klimageräts, das klappt so gut wie bisher. Der Kapitän der Landstraße nimmt Platz auf jetzt breiteren und sehr bequemen Komfortsitzen. Vor sich das Lenkrad, das nicht mehr so groß ausfällt. Der besondere Clou: Eine Verstellbarkeit, wie man sie nur aus skandinavischen Lkw kennt. Der Beifahrersitz verdient sich die Bezeichnung "Vario" durch eine vielfältige Falt- und Verstellbarkeit. Er lässt sich mühelos zum Pausen- oder Couchtisch richten, wenn es sich der Fahrer zum Fernsehschauen gemütlich macht. Oder einfach nach vorn wegklappen, wenn er im Weg steht.

Fürs Fahren ist der MAN mit bewährten Komponenten gerüstet. Drei Motorenbaureihen mit 9, 12,4 und 15,3 Liter Hubraum stehen je nach Leistungsbedarf zur Verfügung. Fein gestuft von 330 bis 640 PS, sie erfüllen die aktuelle Euro 6D-Abgasnorm. Die Motorleistungen werden von automatisierten Getrieben verarbeitet, in Sattelzugmaschinen sind es in der Regel 14-Gang-Getriebe, die von der Konzernschwester Scania zugeliefert werden. Der Fahrer kommt in den Genuss einer aktiven Servolenkung. Hier arbeitet ein Elektromotor einem Überlagerungsgetriebe zu, das bei Autobahnfahrten indirekt und feinfühlig arbeitet und bei langsamen Geschwindigkeiten mit direkten Übersetzungen für wenig Lenkarbeit sorgt.

Wer möchte, kann seinen MAN mit neuem Spurführungsassistenten bestellen, der bei Abweichungen von der Fahrspur selbstständig korrigiert. Auch den Abbiegeassistenten hat man bei MAN nicht vergessen. Seine Radarsensoren sitzen gleich hinter dem rechten vorderen Radlauf und warnt vor drohenden Kollisionen. Gute Noten fahren auch die neuen Außenspiegel ein. Sie besitzen schlankere Gehäuse und bieten mehr Durchblick zur Seite. Spiegelersatzsysteme oder Mirror Cams sind für die neuen MAN heute noch kein Thema, die MAN-Techniker sind vom heutigen Entwicklungsstand noch nicht vollends überzeugt. "Vielleicht zur IAA?", so ist zu hören. Dann gehen auch die kleineren und leichteren TGL- und TGM-Modelle an den Start, die zur Premiere nur flankierend gezeigt wurden.

Wolfgang Tschakert / mid

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