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Finanz-Jongleure nur zum Schein in Steueroasen

  • Lars Wallerang/wid
  • In UNTERNEHMEN
  • 22. Oktober 2020, 11:21 Uhr

Steueroasen wie die Bahamas dienen oft als Tummelplatz für Finanz-Jongleure. Doch ob sie zur Abwicklung ihrer Geschäfte überhaupt vor Ort sind, scheint ungewiss. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin hakt nach.


Steueroasen wie die Bahamas dienen oft als Tummelplatz für Finanz-Jongleure. Doch ob sie zur Abwicklung ihrer Geschäfte überhaupt vor Ort sind, scheint ungewiss. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin ist der Sache nachgegangen. Die Studie kommt mittlerweile zu dem Schluss, dass Offshore-Finanzdienstleistungen gar nicht auf den Schattenfinanzplätzen selbst, sondern außerhalb erbracht werden. Somit ist die Finanzindustrie dort nur scheinbar präsent.

Unternehmen, Investoren und Privatpersonen nutzen Schattenfinanzplätze wie die Bahamas, Aruba oder Barbados vor allem, um Steuern zu vermeiden. Die Finanzindustrie ermöglicht dieses Verhalten durch entsprechende Dienstleistungen und profitiert dabei ebenso vom niedrigen Maß an Regulierung an diesen Orten.

"Wenn Finanzdienstleistungen tatsächlich nur auf dem Papier offshore stattfinden, aber in Wirklichkeit in den globalen Finanzzentren London, New York, Tokio oder Frankfurt ausgeführt werden, laufen internationale Regulierungsbemühungen Gefahr, einen unnötigen Umweg zu nehmen", sagt Studienautor Jakob Miethe. Daher profitiert die Finanzindustrie möglicherweise nicht nur von den Vorteilen in den Offshore-Zentren, sondern auch davon, dass die Regierungen reicher Länder darauf verzichten, auf Handlungen in ihren Hoheitsgebieten zu reagieren.

Auf die Schliche gekommen sind die Forscher den Finanzakteuren durch die Beobachtungen von Unwetter-Katastrophen auf den Offshore-Finanzplätzen. Ergebnis: Die lokale Geschäfts- und Finanztätigkeit wurde durch Stromausfälle stark eingeschränkt. Jedoch: Während in der Gruppe der nicht als Schattenfinanzplätze geltenden Inseln die Finanzaktivitäten nach schweren Unwettern deutlich zurückgehen, ist dies bei Offshore-Finanzplätzen nicht der Fall, wie in der Studie ausgewertete Daten der Internationalen Bank für Zahlungsausgleich (BIZ) belegen.

"Dies lässt sich dadurch erklären, dass diese Dienstleistungen in Wirklichkeit nicht auf den betroffenen Inseln erbracht werden und es sich um Scheinpräsenzen handelt", erläutert der Studienautor. Problem: Wenn die Finanzindustrie nicht auf den Inseln agiert, unterläuft dies auch den bisher verfolgten Regulierungsansatz, potentielle Straftaten mithilfe lokaler Behörden aufzuklären.

Eine Alternative seien Regulierungsansätze, die direkt auf Finanzinstitutionen abzielen, so das DIW. So könnten auch Deutschland oder die EU ähnlich wie die USA nicht kooperationsbereiten Finanzdienstleistern mit einem Ausschluss von ihrem Kapitalmarkt drohen. Durch direkten Druck war es den USA gelungen, 84 Schweizer Banken zu einer Herausgabe vorher verdeckter Positionen amerikanischer Staatsangehöriger zu bewegen.

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