Fahrbericht

Taycan-Einstiegsmodell: Besser und günstiger als der Porsche 911?

20.000 Exemplare hat Porsche vom neuen Elektro-Sportler 'Taycan' allein im ersten Jahr verkauft. Und jetzt kommt erst das Einstiegsmodell auf den Markt. Rund 20.000 Euro günstiger als ein konventioneller 911er und ebenfalls mit einem waschechten Heckantrieb ausgestattet. Der Motor-Informations-Dienst (mid) konnte den Sport-Stromer schon testen.


20.000 Exemplare hat Porsche vom neuen Elektro-Sportler "Taycan" allein im ersten Jahr verkauft. Und jetzt kommt erst das Einstiegsmodell auf den Markt. Rund 20.000 Euro günstiger als ein konventioneller 911er und ebenfalls mit einem waschechten Heckantrieb ausgestattet. Der Motor-Informations-Dienst (mid) konnte den Sport-Stromer schon testen.

Porsche macht nicht alles anders - aber dann doch ziemlich viel. Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Zündschloss. Das findet sich immer noch links vom Lenkrad, egal, ob beim neuen 911er oder bei der Elektro-Modellreihe Taycan. Apropos: Da ist nicht nur der Startknopf links, da läuft auch die Modellpolitik ganz anders als bei anderen Herstellern. Hier kommt nicht etwa das Einstiegsmodell zuerst auf den Markt - und dann folgen sukzessive die stärkeren Varianten. Beim Taycan brachte man erst den Turbo S mit bis zu 761 PS (0 auf Tempo 100 in 2,8 Sekunden), dann den Turbo mit 680 PS und den 4 S mit 571 PS. Und jetzt erst, fast ein Jahr nach dem Launch der erfolgreichen Elektro-Reihe, folgt das Einstiegsmodell. Das ist Downsizing a la Porsche.

Das Besondere am "kleinsten" Taycan ist nicht nur der Preis, der um rund 100.000 Euro unter dem teuersten Taycan, dem Turbo S, und damit bei 83.520 Euro startet, sondern der Antrieb. Der "normale" Taycan wird nicht wie seine Brüder auf allen vier Rädern, sondern von einer E-Maschine nur auf der Hinterachse gepowert. Ganz klassisch wie ein echter Sportwagen. Da kommt auch der Schub von hinten und lässt das Heck, soweit es die bordeigenen Stabilitätssysteme zulassen, schön dynamisch um die Kurven fliegen. Fast so wie bei einem echten 911er. Den mit dem Benzinmotor an Bord.

Und so ist auch der erste Fahreindruck. Der Einstiegs-Taycan ist zwar ein reinrassiger Elektrowagen, beim Feeling kommt er jedoch dem klassischen Verbrenner am nächsten. Natürlich nicht beim Drehmoment. Das ist viel mächtiger, und muss sich im Gegensatz zum Benziner nicht erst mühselig aufbauen, sondern ist sofort präsent.

Der Taycan schiebt mit 357 Newtonmeter (Nm) von hinten an - bei nassem oder gar schneebedecktem Asphalt wird einem da zunächst himmelangst. Völlig zu Unrecht. Denn Fahrwerk und die vom Computer gesteuerten Hilfssysteme haben die Lage jederzeit im Griff. Sie lassen gerade so viel Drift zu wie nötig, um richtig Spaß zu haben. Und so wenig wie möglich, um nicht nach der nächsten Kurve einen Abflug in die verschneite schwäbische Hügellandschaft zwischen Stuttgart und dem Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach zu machen.

Apropos Drift: Erst vor kurzem hat der Porsche-Pilot Dennis Retera hier einen einsamen Welt-Rekord für Elektroautos aufgestellt. Ganze 210 Runden oder 42,171 Kilometer oder 55 Minuten ist er mit dem Taycan-Einstiegsmodell über einen gewässerten Parcours auf dem Hockenheimring gedriftet. Dank des tiefen Schwerpunkts und des langen Radstands hatte der Taycan genügend Stabilität, um eine solche Herausforderung zu meistern. Da sind Alltagsaufgaben wie sportliches Fahren auf nassem oder rutschigem Untergrund schon fast lästige Pflichtübungen.

Das neue Einstiegsmodell des Taycan ist mit zwei verschiedenen Akkus erhältlich. Mit der Performance-Batterie leistet er in der Spitze bis zu 300 kW (408 PS), mit der Performance-Batterie Plus sogar bis zu 350 kW (476) PS. Das macht in der Beschleunigung keinen Unterschied. In jeweils 5,4 Sekunden bewältigt der Porsche den Sprint von 0 auf 100 km/h. Aber bei der Reichweite bietet der 5.700 Euro teurere Akku im Schnitt 50 Kilometer mehr und damit bis zu 484 Kilometer im Idealfall.

Den gibt es auch beim Aufladen. Binnen einer halben Stunde saugt eine auf fünf Prozent gesunkene Batterie wieder 80 Prozent Leistung. Das sind 100 Kilometer Reichweite in fünf Minuten. Etwas langsamer geht es daheim. Zwar hat das Taycan-Einstiegsmodell einen 22kW-Lader an Bord, bei Wechselstrom dürfte es zu Hause jedoch über zwölf Stunden dauern, bis der Porsche wieder voll ist. Das gilt freilich nur für eine Wallbox. An einer herkömmlichen Steckdose muss man bei einem komplett leeren Akku mit 34 Stunden rechnen.

Optisch unterscheidet sich das Taycan-Einstiegsmodell kaum von der teureren Verwandtschaft, abgesehen von den neuen Aero-Felgen und der einen oder anderen Sonderlackierung. Das Design ist puristisch und reduziert, das Interieur - auf Wunsch auch komplett lederfrei - strahlt aufgeräumten Industrial-Charme aus. Im Gegensatz zu einem reinrassigen 911er, der übrigens rund 20.000 Euro mehr kostet, bietet der Taycan wirklich Platz für vier Personen, und auch das Kofferraum-Angebot von mehr als 500 Litern (vorne 84, hinten 407) ist alltagstauglich.

Rudolf Bögel / mid

Technische Daten Porsche Taycan mit Performance-Batterie Plus

- Länge / Breite / Höhe: 4,96 / 2,14 / 1,38 Meter
- Motor: Permanenterregte Synchronmaschine
- Batterie: 93,4 kWh
- max.Leistung: bis zu 350 kW / 476 PS
- Nennleistung: 280 kW / 380 PS
- max.Drehmoment: 357 Nm
- Zweigang-Automatik, Heckantrieb
- Beschleunigung: 0-100 km/h in 5,4 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
- Normverbrauch: 21,5 - 25,4 kWh / 100 km
- Reichweite: 407 - 484 km
- CO2-Emissionen: 0 g/km
- Preis: ab 89.244 Euro

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