Gesundheit

Cannabis-Unternehmen in Deutschland: Dealer oder Händler?

img
Cannabis-Anbau unter professionellen Bedingungen! @ 7raysmarketing (CC0-Lizenz)/ pixabay.com

Bisher haben es Cannabis-Unternehmen hierzulande schwer. Was ändert sich dieses Jahr? Jetzt informieren.

Dealer oder Händler? Was es heißt, ein Cannabis-Unternehmen in Deutschland zu führen

Die Branche setzt große Hoffnungen auf 2021

Cannabis (Hanf) ist eine uralte Nutzpflanze und erlebt in den letzten Jahren einen nie dagewesenen Hype. Länder wie Kanada, Uruguay, Israel und eine große Anzahl von US-Staaten haben das schon seit Jahren erkannt. In diesen Ländern ist das fluffige Kraut mehr oder weniger legalisiert und die Vorteile sind vielfältiger Art. Zum einen bedarf es keines Schwarzmarktes mehr und die Kriminalitätsrate nimmt entscheidend ab. Zum anderen steckt in Cannabis ein riesiges wirtschaftliches Potenzial, vervielfachen sich doch durch einen regulierten Anbau und Vertrieb die Steuereinnahmen.

In Deutschland ist man noch nicht so weit, Cannabis frei verkaufen zu dürfen. Hierzulande ist Hanf durch ein seit Jahrzehnten geltendes Verbot weitgehend stigmatisiert und teils rigorosen Marktbeschränkungen ausgesetzt. Trotzdem schießen Startups wie Pilze aus dem Boden und vor allem der Online-Handel mit Produkten wie CBD (Cannabidiol) boomt. Dabei befinden sich die Unternehmen auf unsicherem Boden. Verantwortlich dafür ist eine uneinheitliche Rechtslage, die sich zudem dauernd ändert. So überlappen sich die europäische Gesetzgebung mit nationalen Vorgaben, welche von den Bundesländern umgesetzt werden müssen. Sind die Produkte in einem Land wie Portugal legal, macht man sich in anderen, vor allem Deutschland, oft strafbar und gilt als Dealer. Bisher sind diese Unsicherheiten Gift für die Planungssicherheit von Cannabis-Unternehmen. Doch Ende des letzten Jahres waren endlich moderate Töne zu vernehmen. Und so setzen Insider der Branche, darunter auch RQS, das größte Unternehmen im Hanf Bereich, große Hoffnungen auf 2021, insbesondere im Hinblick auf die Bundestagswahl im September.

Novel Food und CBD

Dabei geht es vordergründig nicht um die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch. Viele Unternehmen wie das Berliner Startup Sanity Group setzen auf die jetzt schon legalen Formen. Da ist zum einen das CBD. Dem Wirkstoff werden entzündungshemmende und entspannende Wirkungen zugesprochen, ohne wie die Schwestersubstanz THC (Tetrahydrocannabinol) psychoaktive Empfindungen auszulösen. CBD wurde zwar schon 2018 von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) zugeschrieben, weder negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit noch suchtgefährdendes Potenzial innezuhaben. Doch mit einer Entscheidung vom EuGH (Europäischer Gerichtshof) vom letzten November wurde das nun endlich in europäisches Recht gegossen.

Es wird bestätigt, dass CBD kein Betäubungsmittel ist. Das Urteil aus Luxemburg wurde lange herbeigesehnt und die Vertreter der betroffenen Branchen atmeten hörbar auf. Das Unionsrecht steht nun über nationalen, meist restriktiveren Gesetzgebungen bezüglich des freien Warenverkehrs. Ausdrücklich wurde hervorgehoben, dass es sich bei CBD um keinen Suchtstoff handle. Damit ist der letzte Schritt aus der Illegalität getan und der Weg frei, das einheitliche und verlässliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen geschaffen werden können. Dies wird sich auf die Einschätzung von CBD als Novel Food auswirken. Diese Verordnung beschreibt Lebensmittel, welche vor 1997 nicht in nennenswertem Maße verzehrt wurden und einer Zulassung bedürfen. Diese scheiterte bisher daran, dass nicht eindeutig geklärt war, ob CBD ein Suchtstoff ist oder nicht.

Medizinalhanf

Zwar ist Cannabis seit 2017 legal auf Rezept erhältlich, vor allem in den Bereichen Schmerztherapie und zur Behandlung psychotischer Krankheiten. Doch dieser Fakt ist bisher noch weitestgehend unbekannt. So wünschen sich Vertreter von Erzeugnissen, die im medizinischen Bereich Produktpaletten anbieten, das Cannabis-Therapien mit dem Urteil eine stärkere Position in der Schulmedizin erhalten. Jetzt können die Ergebnisse wissenschaftlicher Pilotprojekte aus den Schubladen gezogen werden und Mediziner den Patienten mit echter Expertise zur Seite stehen.

Viele Experten sehen in dem Entscheid einen Startschuss dafür, dass Medizinalcannabis-Produkte zum Wohle der Menschen neu entwickelt werden können, ohne Marktbeschränkungen befürchten zu müssen. Allerdings wird mit einer Marktkonsolidierung gerechnet. Startups ginge auch trotz des nun positiven Urteils aufgrund des jahrelangen Hindernislaufes durch die Institutionen langsam die Luft aus.

Komplette Legalisierung von Cannabis wird erhofft

Im Hinterkopf haben die gebeutelten deutschen Cannabis-Unternehmen aber vor allem die Bundestagswahl im September. Es wird mit einer Abwahl der konservativen Parteien gerechnet. Diese sind seit Jahrzehnten ein Hemmschuh, um das veraltete Cannabisverbot zu kippen.

Mit dem Ausscheiden ihrer Galionsfigur Angela Merkel könnte es diesmal zu einer neuen Koalition kommen, die auf Grün-Roter Basis dem Projekt Legalisierung positiv gesonnen ist. Das wäre dann ein Startschuss für die deutschen Cannabis-Unternehmen, der weitaus lauter wäre und nicht mehr zu überhören ist.

STARTSEITE