Auto

Der Faktor Mensch als Unfallursache

  • Rudolf Huber
  • In MOTOR
  • 21. Juni 2021, 11:37 Uhr
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mid Groß-Gerau - Senioren am Steuer verfügen zwar über viel Erfahrung, gesundheitliche Probleme können aber gefährlich werden. Jan3933 / pixabay.com

So viele Auslöser - und fast immer steckt der Faktor Mensch dahinter, wenn es zu Unfällen im Straßenverkehr kommt. Ob Missachtung der Vorfahrt, nicht angepasste Geschwindigkeit, zu geringer Abstand, Fahren unter Alkoholeinfluss, Ablenkung durch Smartphones oder sonstige Kommunikationssysteme: 'Europaweit sind nahezu 90 Prozent der Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen', so Dekra-Unfallforscher Markus Egelhaaf.


So viele Auslöser - und fast immer steckt der Faktor Mensch dahinter, wenn es zu Unfällen im Straßenverkehr kommt. Ob Missachtung der Vorfahrt, nicht angepasste Geschwindigkeit, zu geringer Abstand, Fahren unter Alkoholeinfluss, Ablenkung durch Smartphones oder sonstige Kommunikationssysteme: "Europaweit sind nahezu 90 Prozent der Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen", so Dekra-Unfallforscher Markus Egelhaaf. Besonders auffällig sind dabei junge Fahrer und Senioren.

Beim Nachwuchs geht es oft um Selbstüberschätzung und mangelnde Erfahrung. Und bei den Senioren laut des Dekra-Verkehrssicherheitsreports 2021 "Mobilität im Alter" häufig um nachlassende Beweglichkeit und verlangsamte Reaktionszeiten.
 
Laut des Statistischen Bundesamts lag 2019 in Deutschland bei 88,2 Prozent der Unfälle mit Personenschaden die Ursache im Fehlverhalten von Fahrzeugführern. Fahrzeugtechnik und Straßeninfrastruktur können zwar dazu beitragen, risikoreiche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen oder ihre Folgen abzumildern. "An erster Stelle steht aber der Mensch, der durch verantwortungsbewusstes Verhalten, die richtige Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und ein hohes Maß an Regelakzeptanz zu mehr Verkehrssicherheit beitragen kann", sagt Markus Egelhaaf.
 
Während bei den 18- bis 24-Jährigen nicht angepasste Geschwindigkeit und zu geringer Abstand dominieren, steht bei den Senioren die Vorfahrt- beziehungsweise Vorrangmissachtung mit großem Abstand an erster Stelle. Es folgen Fehler beim Abbiegen und zu geringer Abstand. Bis zum Alter von 65 Jahren ist der Anteil der Männer, deren Fehlverhalten für den Unfall relevant ist, deutlich höher als der der Frauen. Ab 65 Jahren gleicht sich dieses Verhältnis an.
 
Dabei spielen komplexe Verkehrssituationen mit steigendem Lebensalter eine immer größere Rolle. Das gilt besonders für Vorfahrts- und Vorrangverletzungen außerorts und auf Autobahnen, die zum Beispiel 2019 bei den 18- bis 24-Jährigen bei unter zehn Prozent lagen und bis zur Altersgruppe 75 plus auf knapp 25 Prozent angestiegen sind.

Eine gegenläufige Entwicklung ist bei nicht angepasster Geschwindigkeit zu beobachten. Dieses Fehlverhalten sank von rund 30 Prozent bei den 18- bis 24-Jährigen auf circa zehn Prozent in der Altersgruppe 75 plus. Auch innerorts stechen Fehler in komplexeren Verkehrssituationen mit zunehmendem Alter hervor. Ganz klar zu erkennen ist dabei auch der Anstieg beim Fehlverhalten gegenüber Radfahrern und Fußgängern.

"Maßnahmen für eine sichere Mobilität im Alter mit dem Pkw müssen daher primär bei den komplexen Verkehrssituationen ansetzen", betont der Dekra-Unfallforscher. Neben einer Optimierung der Infrastruktur helfen hier Assistenzsysteme im Fahrzeug. Letztendlich stehen aber viele Unfälle mit Vorfahrt- oder Vorrangverletzungen, beim Abbiegen oder mit Beteiligung von Radfahrern oder Fußgängern bei Senioren im Zusammenhang mit körperlichen oder gesundheitlichen Einschränkungen. Dazu kommen längere Reaktionszeiten, oftmals verstärkt durch Medikamenteneinfluss.

Und: Biologische Alterungsprozesse verringern die Menge und Komplexität von Informationen, die der Mensch verarbeiten kann, was etwa beim Fahren zu schnellerer Ermüdung oder zu psychischem Stress führen kann. Auch das Abschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen fällt schwerer. Gerade in komplexen Verkehrssituationen wie an unübersichtlichen Kreuzungen, beim Abbiegen oder beim Zusammentreffen mit Radfahrern oder Fußgängern sind aber genau diese Fähigkeiten besonders gefordert.

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