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Im Streit um das geplante Verbrenner-Aus ab 2035 will die EU-Kommission zügig auf die Bedenken von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) reagieren. EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius versprach am Donnerstag in Brüssel "so schnell wie möglich eine Antwort" an Berlin. Der zuständige Vizekommissionspräsident Frans Timmermans äußerte sich zuversichtlich über eine Einigung "auch zur Zufriedenheit der deutschen Behörden".
Die EU hatte ihren endgültigen Beschluss für das Verbrenner-Aus Anfang März aufschieben müssen, weil Wissing mit Rückendeckung von FDP-Chef Christian Lindner kurzfristig ein Veto eingelegt hatte. Die FDP will rechtlich verbindlich festschreiben, dass Autos mit Otto- oder Dieselmotor auch nach 2035 noch neu zugelassen werden können, wenn sie synthetische Kraftstoffe tanken, sogenannte E-Fuels.
In Brüssel ging dazu ein Brief mit Vorschlägen aus Berlin ein, wie Umweltkommissar Sinkevicius bestätigte. "Wir schauen uns das an und werden so schnell wie möglich eine Antwort darauf liefern", sagte der litauische Kommissar.
Der bei dem Dossier federführende Klima-Kommissar Timmermans äußerte sich mit Blick auf die FDP "zuversichtlich, dass wir uns auf eine Interpretation einigen können (...) die die zukünftige Rolle der E-Fuels klarstellt" und gleichzeitig die geplante Gesetzgebung wahre.
Timmermans nannte die Einigung von EU-Staaten und Parlament vom Oktober "schwierig genug" und "historisch". Danach sollen neu zugelassene Autos ab 2035 kein Kohlendioxid (CO2) mehr ausstoßen. De facto bedeutet dies das Aus für Fahrzeuge, die Benzin oder Diesel tanken. E-Fuels gelten als klimaneutral, sind aber bisher mehr als doppelt so teuer wie herkömmliche Kraftstoffe. Premium-Hersteller wie Porsche und BMW hatten sich aber zuletzt für E-Fuels stark gemacht.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erhofft sich von der EU-Kommission einen schnellen Kompromissvorschlag: "Die Bedenken der FDP sind aus meiner Sicht grundsätzlich ausräumbar, und dies sollte jetzt wirklich zügig passieren, damit die Hängepartie beendet ist", sagte Lemke in Brüssel. Die deutsche und die europäische Automobilindustrie brauchten "Planungssicherheit".
Wissing hatte am Montag in Straßburg eine Allianz mit den EU-Ländern Polen, Italien und Tschechien geschmiedet. Polen und Italien lehnen das Verbrenner-Aus grundsätzlich ab, mit oder ohne E-Fuels. Tschechien ist für das Verbrenner-Aus, dringt aber auf Änderungen bei der geplanten neuen Abgasnorm Euro 7, die ab 2025 greifen soll.
Denkbar wäre es aus Sicht der FDP, in den Rechtstext zur Euro-7-Norm einen Passus zu synthetischen Kraftstoffen einzufügen, um die Neuzulassung von Verbrennern auch über das Jahr 2035 zu ermöglichen. Damit müsste das Gesetz zum Verbrenner-Aus nicht noch einmal aufgeschnürt und vom Europaparlament mit ausgehandelt werden. Inhaltlich hat sich die Kommission auf diesen Vorstoß bisher nicht eingelassen.
Noch im Januar 2022 hatte Verkehrsminister Wissing in einem Interview gesagt, die Zukunft gehöre beim Pkw der Elektromobilität. Es werde "auf absehbare Zeit" nicht genug E-Fuels geben, um damit Autos mit Verbrennungsmotor zu betreiben. Nach Kritik aus der Autobranche und der Opposition machte er dann eine Kehrtwende.