Rund ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod zweier Kinder im hessischen Hanau hat das Landgericht der Stadt den Vater wegen Mordes in zwei Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Es stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.
Rund ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod zweier Kinder im hessischen Hanau hat das Landgericht der Stadt den Vater wegen Mordes in zwei Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Es stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, wie der Vorsitzende Richter Mirko Schulte am Freitag sagte. Damit gilt eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren als weitestgehend ausgeschlossen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der heute 48-Jährige die Kinder im Mai vergangenen Jahres heimtückisch und aus niederen Beweggründen ermordet hatte. Die Opfer waren die siebenjährige Tochter und der elfjährige Sohn des Manns. Schulte beschrieb den Mann unter Verweis auf ein psychiatrisches Gutachten als "leicht kränkbar" und "impulsiv".
Laut Urteil hatte der heute 48-Jährige seit Januar 2022 getrennt von seiner Ehefrau, der Mutter der gemeinsamen Kinder, gelebt. Schon in den Monaten zuvor sei die in Indien arrangierte Ehe von zunehmender Gewalt geprägt gewesen. Er setzte die Frau unter Druck, um die Beziehung wieder aufzunehmen und drohte ihr sowie den beiden Kindern mit dem Tod.
Die Frau, die im Prozess als Nebenklägerin auftrat, weigerte sich jedoch. Daher beschloss der Mann, sie dafür zu bestrafen. "Die beiden Kinder mussten sterben, weil sie, wie ihre Mutter, dem Angeklagten nicht gehorchten", sagte Schulte.
Nachdem die Frau am 11. Mai 2022 früh morgens die Wohnung für die Arbeit verlassen hatte, passte der 47-Jährige den Moment ab, in dem die siebenjährige Tochter und der elfjährige Sohn die Wohnungstür öffneten, um zur Schule zu gehen. In diesem Moment drängte er die Kinder zurück und drückte die Siebenjährige auf ein Bett.
Mindestens zweimal schnitt er ihr mit einem scharfen Gegenstand in den Hals. Ihr Bruder, der die Tat mit ansah, flüchtete sich in Todesangst auf den Balkon. Er stürzte aus dem neunten Stock mehr als 27 Meter in die Tiefe. Beide Kinder starben an ihren schweren Verletzungen.
Mit ihrem Urteil folgte die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Verteidigung hingegen hatte keinen konkreten Antrag gestellt. Die Mutter der beiden getöteten Kindern brach bei der Urteilsverkündung in Tränen aus und bedankte sich bei ihrer Anwältin.
Der Angeklagte war drei Tage nach der Tat in einem Sikh-Tempel in Bobigny nahe Paris ohne Widerstand festgenommen worden. Zuvor hatte er noch in Deutschland rund 3000 Euro abgehoben und war mit dem Zug nach Belgien gefahren, wo er ebenfalls in einem Sikh-Tempel die Nacht verbrachte.
Schließlich wurde er in Bobigny geortet und festgenommen. Der Mann befand sich anschließend in Frankreich in Auslieferungshaft. Erst rund acht Wochen nach der Tat wurde er nach Deutschland ausgeliefert. Eine Haftrichterin ordnete im Juli 2022 Untersuchungshaft an.