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Rettungsdienst soll einheitliche Standards und klarere Strukturen bekommen

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  • 7. September 2023, 17:15 Uhr
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Rettungswagen im Einsatz Bild: AFP

Einheitliche Standards und klarere Strukturen in der Notfallversorgung: Eine Regierungskommission hat Vorschläge zur Reform des Rettungsdienstes vorgelegt. Dieser brauche dringend eine Reform, erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Einheitliche Standards und klarere Strukturen in der Notfallversorgung: Eine Regierungskommission hat am Donnerstag Vorschläge zur Reform des Rettungsdienstes vorgelegt. "Im Notfall muss der Rettungsdienst schnell und zielgenau helfen", erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) anlässlich der Vorstellung der Empfehlungen. Dafür sei dringend eine Reform notwendig. Zustimmung zu den Plänen kam von den Krankenkassen.

Lauterbach nannte als Beispiel dafür "einheitliche Standards, mehr Befugnisse, eine sinnvolle Vergütungssystematik". Die Notfallversorgung dürfe nicht weiter "selbst ein Reformnotfall bleiben". Deshalb sei es wichtig, dass dazu jetzt Empfehlungen vorgelegt wurden. Ausgearbeitet wurden diese von der im Mai 2022 eingerichteten "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung".

Die 17 Expertinnen und Experten empfehlen die Festlegung von Vorgaben für Mindestpersonalausstattung, Qualifikation, Weiterqualifizierung und Rettungsmittel. Das Gremium hält zudem eine gestraffte Koordinierung des Rettungsdienstes für notwendig - pro rund eine Million Einwohnerinnen und Einwohnern reiche eine Leitstelle. Gefordert werden auch mehr Befugnisse für Notfallsanitäterinnen und -sanitätern, besonders qualifizierte Kräfte sollen zudem den jetzigen Notarztdienst ersetzen. 

Notärztinnen und Notärzte sollen nach den Vorschlägen des Gremiums nur in besonders komplexen Fällen eingesetzt werden. Eine weitere Empfehlung zielt auf eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheitskompetenz ab - verpflichtende Erste Hilfe-Kurse an Schulen und am Arbeitsplatz, Ersthelfer-Apps und flächendeckend öffentlich zugängliche Defibrillatoren.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, nannte die Vorschläge der Kommission "eine gute Grundlage" für eine umfassende Reform der Notfallversorgung. Es gebe eine unübersichtliche Gleichzeitigkeit von Unter-, Über- und Fehlversorgung. "Organisation und Struktur des Rettungsdienstes gleichen in 300 Rettungsdienstbereichen und den über 200 Notfallleitstellen einem Flickenteppich", betonte Dahmen. Es fehle an einheitlichen Standards, Schnittstellen und Patientensteuerung.

"Die Vorschläge kommen reichlich spät", kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Kathrin Vogler. Der Rettungsdienst sei bereits heute oft genug "der Ausputzer für mangelhafte Strukturen". Es sei schlicht mehr Personal notwendig, dazu müsse der Beruf attraktiv gemacht werden. Vogler warf zudem die Frage auf, wie eine Zentralisierung der Rettungsstellen zu leisten sei. Wenn diese immer weiter von den Einsatzorten entfernt seien, dauerten die Einsätze länger.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) begrüßte die Initiative der Bundesregierung mahnte aber zugleich, bei der Reform auf "einen ganzheitlichen Ansatz" zu achten. Es sei dringend notwendig, die drei Säulen der Notfallversorgung - Rettungsdienst, Notaufnahme und ärztlicher Bereitschaftsdienst - besser zu verzahnen, erklärte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt. Das DRK forderte zudem unter anderem erhöhte Einsatzmöglichkeiten der Leitstellen und dass der Rettungsdienst "im gleichen Umfang wie bisher" Aufgabe der Länder bleibe.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jens Martin Hoyer, nannte eine umfassende Reform des Rettungsdienstes "überfällig". Wichtig sei beispielsweise, "dass Patientinnen und Patienten mit Schlaganfällen oder Herzinfarkten nicht mehr in das nächstbeste Krankenhaus transportiert werden". Bei der Finanzierung des Rettungsdienstes dürfe es aber "am Ende nicht wieder darauf hinauslaufen, dass Kosten originärer Aufgaben von Ländern und Kommunen in Richtung der gesetzlichen Krankenversicherung verschoben werden", mahnte Hoyer.

Die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (VDEK), Ulrike Elsner, erklärte: "Die Probleme der Notfallversorgung können nur gelöst werden, wenn die verschiedenen Säulen - ambulanter, stationärer und rettungsdienstlicher Bereich - Hand in Hand zusammenarbeiten und der Rettungsdienst als gleichberechtigte Säule der Notfallversorgung angesehen wird." Zwingend notwendig sei es, die Überlegungen zur Reform des Rettungsdienstes mit den generellen Reformen zur Verbesserung der Notfallversorgung und der Krankenhausreform zu synchronisieren.

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