Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat von der Bundesregierung verlässliche Aussagen zur Finanzierung der Pflegeversicherung gefordert. Die finanzielle Situation der 840.000 Pflegeheimbewohner sei desaströs, sagte er der 'Rheinischen Post'.
In der Diskussion um die finanzielle Zukunft der gesetzlichen Pflegeversicherung in Deutschland hat der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, von der Bundesregierung verlässliche Aussagen zur Finanzierung der Leistungen gefordert. Die finanzielle Situation der 840.000 Pflegeheimbewohner sei desaströs, sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). Durchschnittlich müssten diese fast 2900 Euro pro Monat stemmen. "Das sind in den letzten drei Jahren Mehrkosten von monatlich 750 Euro", betonte Brysch.
Ebenso dramatisch sei die Lage der rund eine Million Pflegebedürftigen, die zu Hause mit der Unterstützung von Pflegediensten betreut würden. "Auch hier ist die Kostenexplosion offenkundig. Jedoch lässt die Bundesregierung dazu keine verlässlichen Daten erheben", kritisierte der Patientenschützer. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) treffe keine Aussagen darüber, "woher die Milliarden kommen sollen, um die laufenden gesetzlichen Leistungen zu finanzieren", sagte Brysch.
Anlass der Forderung ist ein Bericht der Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), wonach der gesetzliche Pflegeversicherung ohne eine Reform im kommenden Februar die Zahlungsunfähigkeit drohe. Demnach reicht die von den Krankenkassen bisher prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte nicht aus, um die Pflegeversicherung vor einer Pleite zu bewahren. In der Regierung werde vielmehr von einem Bedarf in Höhe von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten ausgegangen, hieß es.
SPD-Bundesgesundheitsminister Lauterbach widersprach dem Bericht und gab Betroffenen eine Garantie der Bundesregierung. Diese bürge dafür, "dass die Pflegebedürftigen und die Angehörigen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass die Pflegeversicherung für die Versorgung bezahlt und für die Leistungen aufkommt."
Der Minister räumte jedoch ein, dass die Pflegeversicherung derzeit finanziell erheblich unter Druck steht. "Wir haben eine Schwäche bei den Einnahmen und hohe Ausgaben", sagte er. Das liege an einem starken Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen und der schwachen konjunkturellen Lage. Im Jahr 2023 gab es seinen Angaben zufolge zusätzlich rund 360.000 Pflegebedürftige, für das laufende Jahr werde mit rund 400.000 zusätzlichen Pflegebedürftigen gerechnet. Der Minister kündigte an, "in Kürze" eine größere Pflegereform auf den Weg bringen zu wollen.
Der Freiburger Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen bezeichnete die angekündigte Reform der Pflegeversicherung in der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagsausgabe) als ungerechte Belastung künftiger Generationen. "Die Pflegeversicherung ist von Anfang an ein Schneeballsystem zu Lasten der zukünftigen Beitragszahler gewesen und es geht munter weiter", sagte er. "Gerechter wäre ein Einfrieren der Beiträge bei Abschmelzen der Leistungen, denn das würde die Generationen gleichmäßiger belasten", forderte der Ökonom.