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Behörden zerschlagen großes europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern

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Polizeiabsperrung Bild: AFP

Ermittler aus Deutschland und mehreren Balkanländern haben ein europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen. Es handle sich bei dem Fall um den 'wohl europaweit größten Callcenterbetrug', erklärten mehrere baden-württembergische Behörden.

Ermittler aus Deutschland und mehreren Balkanländern haben ein großes europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen. Es handle sich bei dem Fall um den "wohl europaweit größten Callcenterbetrug", erklärten mehrere baden-württembergische Behörden am Donnerstag gemeinsam in Stuttgart. Demnach wurden 20 Menschen festgenommen und zwölf Callcenter zerschlagen.

Insgesamt seien in vier Staaten des Westbalkans und im Libanon Callcenter aufgedeckt worden, teilten das baden-württembergische Innenministerium, das Landesjustizministerium und das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart sowie die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe mit. Die Betrüger sollen das gesamte Spektrum der Betrugsvarianten abgedeckt haben. Beispielsweise sollen sie sich als nahe Verwandte, Bankangestellte, Mitarbeiter der Verbraucherzentrale oder als Polizisten ausgegeben haben, um Opfer mit Strafandrohungen, Gewinnversprechen oder Inkassoforderungen zu betrügen.

Laut Generalstaatsanwaltschaft im bayerischen Bamberg zählte auch Cybertrading zu den Maschen. Dabei seien Opfer zum Kauf vermeintlich lukrativer Anlage- und Finanzprodukte mit Kryptowährungen überredet worden. Die Betrüger sollen zwischen November 2022 und Mai 2023 mehrere solcher Plattformen betrieben haben. Den bayerischen Ermittlern zufolge kam es allein in diesem Bereich zu Schäden von rund 220.000 Euro. Es sei jedoch von einer Vielzahl weiterer Fälle auszugehen.

Ins Rollen waren die Ermittlungen nach Angaben der baden-württembergischen Behörden im vergangenen Dezember gekommen, nachdem ein aufmerksamer Bankmitarbeiter einen Betrugsversuch mit einem Schaden von mehr als hunderttausend Euro verhindert hatte. Die Telefonnummern der Betrüger wurden innerhalb kürzester Zeit auch für tausende weitere Betrugsfälle genutzt.

Noch im selben Monat richtete das baden-württembergische LKA eine Ermittlungsgruppe ein, an der auch Polizeibehörden aus Bayern, Sachsen und Berlin beteiligt waren. Ermittler hätten in rund 6000 Fällen einen Schaden von insgesamt rund zehn Millionen Euro verhindert. Das seien mehr als 80 Prozent der Fälle gewesen.

In Echtzeit habe das LKA Gespräche der Täter mit den auf ganz Deutschland verteilten Opfern verfolgt. Dafür seien ab Dezember mehr als hundert Beamte im Schichtbetrieb rund um die Uhr im Einsatz gewesen. Mehr als 1,3 Millionen Gespräche seien gesichert worden. Teilweise seien bis zu 30 Gespräche gleichzeitig verfolgt worden, um Straftaten zu verhindern. Potenzielle Opfer seien gewarnt worden. Insgesamt wird in 7500 Fällen von Anrufen ermittelt.

Am 18. April seien mehrere nationale und internationale Polizei- und Justizbehörden zeitgleich mit Durchsuchungen gegen das Netzwerk vorgegangen. Einsätze gab es in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, dem Kosovo und dem Libanon. Koordiniert wurden die Einsätze von einem Staatsanwalt der europäischen Polizeibehörde Europol im niederländischen Den Haag.

In den einzelnen Orten waren teilweise mehr als hundert Polizisten im Einsatz. Bei den Durchsuchungen beschlagnahmten die Ermittler unter anderem Datenträger und Bargeld.

"Betrügerische Anrufstraftaten sind besonders perfide und skrupellos, denn sie spielen mit den Ängsten und Nöten der Menschen", erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Gegen diese Kriminellen werde "mit aller Härte und Konsequenz" vorgegangen, fügte er hinzu.

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