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EU-Tabakrichtlinie: Sorgt sie ab 2016 für das Verschwinden der E-Zigarette?

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Seit einigen Jahren erobert die elektrische Zigarette den Markt. Der Erfolg war so rasant, dass es an regulierenden Vorschriften fehlt. Die Politik versucht dies nun nachzuholen - doch nicht zum Vorteil der E-Zigarette. Im Jahr 2016 soll sie in Kraft treten – die EU-Tabakrichtlinie. Sie betrifft paradoxerweise auch E-Zigaretten, obwohl sie gar keinen Tabak enthalten. Der geplante Artikel 20 schränkt die elektronische Innovation empfindlich ein und wird nun bekämpft.

Ohne Tabak dennoch in der Richtlinie reguliert: Die Nachteile für den Verbraucher

Der Artikel gilt für alle elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter, die nicht unter die Richtlinien der Arzneizulassungen fallen. Darunter wird jedes Erzeugnis gefasst, „das zum Konsum nikotinhaltigen Dampfes mittels eines Mundstücks verwendet werden kann, oder jeden Bestandteil dieses Produkts, einschließlich einer Kartusche, eines Tanks, und des Gerätes ohne Kartusche oder Tank“. Auf Deutsch übersetzt: Es betrifft alle Modelle, sowohl elektrische Einwegzigaretten als auch auffüllbare E-Zigaretten. Die Frage, ob nikotinfreie Produkte darunter fallen, beantwortet sich weiter in der beigefügten Begriffserklärung, in der es heißt: "Nachfüllbehälter [ist] ein Behältnis, das nikotinhaltige Flüssigkeit enthält, die zum Nachfüllen einer elektronischen Zigarette verwendet werden kann“. Demnach sind nikotinfreie Liquids von der Richtlinie nicht betroffen. Dennoch erleiden Dampfer einen herben Rückschlag: Die Abgabemengen des Nikotins werden in Absatz 3 des Artikels eingeschränkt. So dürfen die Liquids zukünftig nur noch bis zu 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter enthalten. Die größten Nachfülleinheiten dürfen nur noch 10 Millimeter Flüssigkeit enthalten. Ebenso lieben so manche Dampfer ihrer variablen Akkuleistungen, die mit der neuen Richtlinie verschwinden könnten. Denn Absatz 3 sagt, dass die Nikotindosen in gleichmäßigem Niveau abgegeben werden müssen.

Schwierige Produktionsbedingungen: So gefährdet der Artikel die Hersteller

Aber auch die Produzenten der E-Zigaretten werden beschränkt. Zum einen werden viele Unsicherheiten geschaffen. Unter anderem müssen „toxikologische Daten bezüglich der Inhaltsstoffe und Emissionen des Erzeugnisses, einschließlich bei Erhitzen, insbesondere unter Bezugnahme auf ihre Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucher bei Inhalieren und unter Berücksichtigung u. a. aller etwaigen suchterzeugenden Wirkungen“ mit dem Produkt angegeben werden: Demnach sieht die Richtlinie eine Packungsbeilage vor, die nach dieser Formulierung auch Informationen über Langzeitwirkungen beinhalten sollte. Doch die gibt es noch gar nicht. Absatz 2 des Artikels macht es vor allem für kleine Unternehmen und Start-ups schwer: Denn hier werden Produzenten und auch Händler zu einer Anmeldung ihrer Produkte sechs Monate vor Verkauf verpflichtet. Kleinen Unternehmen wie z.B. der ego Handels GmbH die das Liquid egogreen vertreibt wird es hier extrem schwer gemacht, denn ein halbes Jahr Wartezeit bevor ein Produkt Einnahmen bringt muss erst einmal kompensiert werden. Mit diesen und weiteren Vorschriften könnte ein innovatives Klima in der E-Zigaretten-Branche verhindert werden. Das Verschwinden kleiner Unternehmen und Überbleiben riesiger Konzerne könnte die Folge sein.

Der als „Maulkorb“ bekannte Absatz 5 des Artikels verschärft diese Situation noch. Hier werden jegliche Veröffentlichungen verboten, die dem Verkauf von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern dienen: ein klares Werbeverbot! Fallen Berichterstattungen über positive Wissenschaftsergebnisse auch darunter? Wird einer ganzen Branche tatsächlich ein Maulkorb angelegt? Böse Zungen behauptet genau dieses!

Britisches Unternehmen verzögert die Richtlinie: Klage gegen den E-Zigaretten Artikel

Ein Lichtblick kommt aus England: Als einziger Vertreter der E-Zigarettenbranche hat „Totally Wicked“ eine Klage vorbereitet. Nach Konzernmeinung verstößt Artikel 20 gegen geltendes EU-Recht. Vom „Royal Courts of Justice“ in London hat das Unternehmen im Oktober 2014 das Klagerecht erhalten und darf die Richtlinie offiziell vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anfechten. Eine Anhörung soll 2015 stattfinden. Demnach könnten die Richtlinie und ihr Inkrafttreten 2016 verzögert werden. Vor allem die unverhältnismäßige Einschränkung im freien Güterverkehr wird seitens des Unternehmens kritisiert. Demnach würden durch die Richtlinie die elektrischen Zigaretten gegenüber Tabakprodukten benachteiligt und der EU-Grundsatz der Gleichheit nicht mehr erfüllt. Es sei weniger Innovation möglich, die Produktauswahl würde schrumpfen und die Produktionskosten steigen. Früher oder später könnte die gesündere Alternative E-Zigarette womöglich vollends verschwinden würde. Dass bisher kein weiteres Unternehmen aus der E-Zigaretten-Branche den rechtlichen Weg gegen die geplante EU-Richtlinie eingeschlagen hat, liegt vor allem an der langwierigen Bürokratie, die Wartezeiten und Kosten verursacht. England erlaubt als Einziger eine Klage gegen EU-Vorgaben noch vor deren Ratifizierung. Doch auch in Deutschland gibt es Initiativen, die an der Legalisierung der E-Zigarette arbeiten: „Freie Initiative Dampfaktiv“ (FRIDA) und die „Interessengemeinschaft E-Dampfen“ (IG-ED), beide suchen immer nach weiterer Unterstützung.

Ambivalent: Tabakriese verzögert die Richtlinie ebenfalls

Aber auch ein Tabakriese könnte die neue EU-Richtlinie stürzen. Das amerikanische Zigarettenunternehmen „Philip Morris“ klagt ebenfalls. Die Beweggründe hier sind vor allem die in der Richtlinie enthaltenen Einheitspackungen. Das Unternehmen argumentiert hier, dass dadurch eine freie Verbraucherwahl, der freie Warenverkehr und ein fairer Wettbewerb eingeschränkt sei. Der Konzern wird mit seiner Klage zumindest eine erhebliche Verzögerung der Richtlinie erreichen. In der Tabakbranche zählt jeder Tag, an dem Millionenumsätze gemacht werden. Und der Konzern schlägt ebenfalls zwei Fliegen mit einer Klappe: Philip Morris ist eines der wenigen Unternehmen, das mit der Linie „Green Smoke“ auch in den E-Zigarettenmarkt eingestiegen ist. Im Jahr 2013 wurde mit der Linie vor allem im Onlinegeschäft rund 40 Millionen Dollar umgesetzt.

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