Fahrbericht

Praxistest Cupra Formentor 1.5 TSI DSG - Von Schein und Sein

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mid Groß-Gerau - Der Cupra Formentor, das erste echte eigene Modell der jungen Marke, ist sehr spitz positioniert. Seat

Einstiegsmodelle haben es nicht leicht. Einerseits sollen sie Modell- und Markentypische Werte vermitteln, anderseits mit einem attraktiven Preis in die eigene Welt locken. Noch schwerer fällt naturgemäß die Verordnung innerhalb des VW-Konzerns, denn die zahlreichen Konzernmarken setzen aus Gründen der Kosteneffizienz auf weitgehend identische Bodengruppen, gleiche Motoren und Komponenten. Der Motor-Informations-Dienst (mid) ist den Cupra Formentor 1.5 TSI DSG gefahren.


Einstiegsmodelle haben es nicht leicht. Einerseits sollen sie Modell- und Markentypische Werte vermitteln, anderseits mit einem attraktiven Preis in die eigene Welt locken. Noch schwerer fällt naturgemäß die Verordnung innerhalb des VW-Konzerns, denn die zahlreichen Marken Volkswagen, Audi, Skoda, Seat und seit 2018 eben auch noch Cupra setzen aus Gründen der Kosteneffizienz auf weitgehend identische Bodengruppen, gleiche Motoren und Komponenten. Der Motor-Informations-Dienst (mid) ist den Cupra Formentor 1.5 TSI DSG gefahren.

Der Cupra Formentor, das erste echte eigene Modell der jungen Marke, ist sehr spitz positioniert. Zu ihm heißt es auf der Homepage "Der neue Cupra Formentor ist Ausdruck unserer rennsportlichen Leidenschaft. Ein kraftvolles Crossover aus SUV und Coupe. Mit Hochleistungs-Motoren."

Diesem Anspruch ist nicht leicht gerecht zu werden. Die Modellplaner treten daher bei der Antriebspalette mächtig aufs Gas. Mittlerweile sind neun Motorvarianten des erst im vergangenen Herbst eingeführten Formentor bestellbar. Die Leistungsspanne reicht derzeit von 150 über 190, 204 und 245 bis hin zu bereits doppelt so starken 310 PS. Und noch im Herbst dieses Jahres soll der 390 PS starke VZ5 mit dem nur leicht gedrosselten Audi 2,5-Liter-Fünfzylinder folgen.

Alle diese Motoren finden sich jedoch auch irgendwo in anderen Konzernmodellen. Der Cupra Formentor basiert zudem auf dem Modularen Querbaukasten (MQB), auf dem im SUV-Segment auch der Audi Q2 und der Volkswagen T-Roc (kürzer und preiswerter) sowie der Audi Q3 und das Coupe-Derivat Q3 Sportback (nahezu gleich lang und mit identischem Radstand) stehen. Als Differenzierungs-Optionen bleiben da eigentlich nur noch Design, Ausstattung und Preis.

Mit Ersterem kann der Formentor sicher punkten. Schwungvolle Dachlinie, kraftvolle, stark konturierte Schultern, scharfe Konturlinien an den Flanken, ein markantes Heck mit durchgehendem Leuchtenband, große Räder, üppige Lufteinlässe - seine Fans hat das Crossover mit dieser aggressiven Optik im Sturm erobert.

Im Innenraum setzt sich das überzeugende Bild fort: Auch hier klare, markante Linien, ein luftiges Raumgefühl, sehr gute Frontsitze mit integrierten Kopfstützen, sehr ordentliche Verarbeitung und - dank langem Radstand - auch üppige Kniefreiheit für zumindest zwei auch groß gewachsene Rückbänkler. Das Kofferaumabteil mit 450 Liter Fassungsvermögen taugt ebenfalls für den Familientrip.

Die expressive Karosserieform hat jedoch auch Nachteile. Übersichtlichkeit ist dem Formentor weitgehend fremd. Weder Front- noch Heckabschluss sind klar zu erkennen, die 18-Zöller - die ja ungern an der Bordsteinkante nachgeschliffen werden sollen - liegen im Verborgenen. Das hohe Heck lässt nach hinten nur einen Sehschlitz und hebt die Ladekante auf üppige 77 Zentimeter. Eigentlich brauchte der Formentor mindestens eine serienmäßige Rückfahrkamera, besser noch den 360-Grad-View ab Werk. Geliefert werden aber nur Einparksensoren, die, weil sie so hoch liegen, zum Beispiel Bordsteinkanten weitgehend ignorieren.

Ansonsten profitiert der Formentor jedoch durchaus vom Konzernbaukasten. Je nach Ausstattung bietet er modernste Technik von kabelloser Smartphone-Integration und -Ladung bis hin zu Car-to-X-Diensten, die bereits in einigen Städten über Ampelphasen informieren. Der adaptive Tempomat ist serienmäßig an Bord, gegen Aufpreis stellt er die vorgegebene Geschwindigkeit automatisch über die Verkehrszeichenerkennung ein.

Hier alle verfügbaren Features aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Als äußerst pfiffig und sinnvoll ist aber - im wahrsten Sinne des Wortes - die in die Ambientebeleuchtung integrierte aufpreispflichtige Totwinkelwarnung ins Auge gefallen.

Kommen wir zum dritten Differenzierungsfaktor, dem Preis. Der Formentor ist aktuell über 5.500 Euro günstiger als der identisch motorisierte Audi Q3 Sportback - für manchen womöglich ein gewichtiges Argument für einen Markenwechsel. Warum also lässt der Cupra Formentor 1.5 TSI DSG Testwagen uns dennoch ein wenig ratlos zurück?

Grund eins: Trotz der optionalen, aktiven Fahrwerksverstellung ist der Cupra Crossover sehr straff und er steht - wohl gedacht als augenfälliger Ausdruck der Sportlichkeit der Marke - grundsätzlich auf 245/45 R18-Bereifung. Das verhindert zwar Wank-Bewegungen weitgehend und lässt trotz des hohen Aufbaus viel Lenkpräzision und Fahrspaß zu. Der Fahrkomfort aber leidet. Querfugen in kurzer Abfolge etwa mag der Formentor nicht, sie werden - auch akustisch - in einem Trommel- Stakkato an die Insassen weitergeleitet. Auf Beton-Autobahnen ist das kein Spaß.

Grund zwei: Die Basismotorisierung bewegt den Formentor zwar durchaus annehmbar, doch Rennsport-Feeling kommt nicht auf. Im Testwagen erledigt das optionale DSG-Getriebe die für zügiges Vorankommen unerlässliche intensive Schaltarbeit, das Triebwerk klingt dabei aber weniger nach "Hochleistungstriebwerk", sondern eher wie ein angestrengter Vierzylinder. Wer will, kann mit diesem Motor sicher gelassen und auch leidlich sparsam (der Testverbrauch lag bei 7,4 Litern) unterwegs sein, doch zum Cupra-Sportler-Anspruch passt er nicht so recht.

Wir würden deshalb, wenn schon Vernunft, als Einstieg den 1,4e Plug-In-Hybriden mit 204 PS empfehlen, der kurzfristig mehr Spitzen-Leistung bei deutlich weniger Verbrauch bieten kann und dank Innovationsprämie - obwohl laut Liste 6.600 Euro teurer - unterm Strich sogar billiger kommt als die Einstiegsmotorisierung. Dazu fährt er - wohl auch für Sportler immer zeitgemäßer - bis zu 69 Kilometer rein elektrisch.

Christoph Reifenrath / mid

Technische Daten Cupra Formentor 1.5 TSI DSG:

- Länge / Breite / Höhe / Radstand: 4.450/1.839 (1.992 inkl. Spiegel) /1.511/2.680 mm
- Motor: Vierzylinder-Benziner
- Hubraum: 1.498 ccm
- Leistung: 110 kW/150 PS
- max. Drehmoment: 250 Nm
- Getriebe: Sechsgang-Schaltung / Siebengang-DSG
- Beschleunigung: 0-100 km/h in 8,9 s
- Höchstgeschwindigkeit: 204 km/h (DSG: 203 km/h)
- Normverbrauch: (WLTP): 6,6-7,0 l/100 km (DSG: 6,3-6,7 l/100 km)
- CO2-Emissionen: 150-158 g/km (DSG: 142-151 g/km)
- Tankinhalt: 50 Liter
- Preis: ab: 31.490 Euro / 33.290 Euro.
- Testwagenpreis: 41.911 Euro

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