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Ford-Forschung: Wellness trotz Stau

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mid München - Bunter Hund: Nur das Farbdesign und die Aufschrift identifizieren den Ford Kuga als Forschungsobjekt. Ford

Bei Ford wird intensiv am Wohlbefinden von Auto-Insassen geforscht. Spätestens wenn Fahrzeuge auch autonom unterwegs sind, soll das Ideen-Paket aus dem 'Mindfulness-Concept-Car' den Weg in die Serie finden.


Bei Ford wird intensiv am Wohlbefinden von Auto-Insassen geforscht. Spätestens wenn Fahrzeuge auch autonom unterwegs sind, soll das Ideen-Paket aus dem "Mindfulness-Concept-Car" den Weg in die Serie finden.

Schon mal bei Stop-and-Go im Stau einen Riss im Nervenkostüm erlebt? Oder Stress gehabt, weil es Straßenverkehr einfach nicht so läuft, wie man es sich wünscht? Oder einfach den Wunsch verspürt, entspannter im Ziel anzukommen? Mit dem "Mindfulness Concept-Car" lotet Ford diese Fragen intensiv aus.

Das Auto, das erstmals auf der IAA in München dem Publikum gezeigt wurde, sieht zunächst aus wie jeder konventionelle Ford Kuga. Allerdings haben die Forscher in den Versuchswagen spezielle Technologien und Funktionen hineingepackt, die das Wohlbefinden für Fahrer und Passagiere erheblich voranbringen sollen.

Diese Art Wellness darf allerdings nicht einfach mit Bequemlichkeit verwechselt werden. Denn dem Forschungsteam ging es ganzheitlich darum, die Insassen nicht nur physisch, sondern auch psychisch positiv zu beeinflussen. Speziell für den Platz hinter dem Lenkrad kann das Ziel so definiert werden: Die Achtsamkeit an Bord erhöhen, die Ablenkungen minimieren, das Verständnis für andere Verkehrsteilnehmer fördern und damit letztlich die Sicherheit anheben.

Auslöser für das Mindfulness-Konzept war nicht zuletzt auch die Pandemie. Denn viele Autofahrer empfinden seitdem ihr Fahrzeug als Rückzugsort vor den Belastungen des Alltags, während das Zuhause zum Arbeitsplatz oder Klassenzimmer für den Nachwuchs mutierte.

Aber was hilft die Flucht in die Oase, wenn dort nur anders geartete Stressfaktoren lauern? Um dem mentalen Druck und den damit verknüpften Ängsten zu widerstehen, ist erhöhte Achtsamkeit ein probates Gegenmittel - bewussteres Wahrnehmen des momentanen Augenblicks als Kontrapunkt.

Wachsame Autofahrer haben schon immer unbewusst auf bewährte Achtsamkeits-Methoden zurückgegriffen: das gezielte Durchatmen nach einer stressigen Situation oder das Anhalten am Straßenrand, um genussvoll eine landschaftliche Aussicht zu inhalieren. Das Forschungsauto will diese und ähnlich Aktivitäten unterstützen. Wie? Mit der Summe themenorientierter Ausstattungspakete.

Es fängt mit der hygienisch klimatisierten Innenraumluft und geringer Partikelbelastung an. Per Fernentriegelung - zum Beispiel mit einer App vom Smartphone - läuft die Klimaanlage (mit Premium-Luftfilter) hoch und empfängt die Passagiere mit frischer und sauberer Luft. Keine Chance für Staub- und Geruchspartikel, Allergene sowie Bakterien. Derweil mühen sich UVC-Lichtdioden ab, die Oberflächen von Monitoren und Touch-Screens von Keimen und Viren zu befreien.

Um eine positive Stimmung und ein harmonisches, beruhigendes Interieur kümmern sich die Ambiente-Beleuchtung, ein Fahrersitz mit speziellen Stellmotoren sowie eine Innenausstattung mit nachhaltigen Materialien und natürlichen Farben. Mit dabei: so genannte "Wearables" (tragbare Digitalgeräte), die neben der Pulsfrequenz des Fahrers weitere Gesundheitsparameter kontrollieren. Anhand des Herzschlages beeinflussen sie die Ambiente-Beleuchtung und passen auch die Sitzposition an die Stimmung an.

Als zusätzlichen Stimmungsaufheller benutzt der "Mindfullness" die B&O Beosonic-Audioanlage: Equalizer schaffen Klangräume, die je nach Stimmung stark variieren können. Die Lautsprecher hausen im Dachhimmel und in den Kopfstützen, um den Weg zu den Ohren der Insassen knapp zu halten. Maßgeschneiderte Playlists passen sich dem Straßengeschehen und Region rund ums Auto an: beruhigend im Stau und mit Meeresrauschen an der Küste.

Selbst bei der Fahrtpause legt sich das System nicht schlafen. Die Liegestellung des Sitzes wird von einer angepassten Nackenunterstützung assistiert, zudem sorgt einen akustische Hirnstimulation für mehr Munterkeit nach der Pause. Und Yoga-Anleitungen für leichte Fitnessübungen und Kurz-Meditationen runden - wenn gewünscht - das Mentalprogramm ab.

Im eher seltenen Fall, dass der Notbrems-Assistent den Wagen nach einer stressigen Notsituation bis zum Stillstand abgebremst hat, um einen Unfall zu verhindern, sorgt die adaptive Klimaanlage für einen kühlen Kopf und stimuliert tiefes Ein- und Ausatmen.

Wie soll es weitergehen? Für die Forscher bei Ford lassen sich mit dem Experimental-Fahrzeug die Grundlagen der Achtsamkeit ausloten, das ist ein wichtiger Ansatz, um die Technologien elektrifizierter und autonomer Fahrzeuge der Zukunft zu gestalten. Wenn es soweit ist, sollen Reisende die Fahrt- und Ladezeit auf sinnvollere und entspanntere Weise erleben. Möglichst ohne Riss des Nervenkostüms.

Klaus Brieter / mid

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