Analyse

Deutschland im Sinkflug

  • Lars Wallerang/wid
  • In UNTERNEHMEN
  • 26. Mai 2023, 12:54 Uhr
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wid Groß-Gerau - Im Abendrot: Deutschland hat seine wirtschaftliche Reiseflughöhe bereits verlassen. birgl / pixabay.com

Die Warnsignale für eine Rezession waren schrill. Jeder in Deutschland konnte sie hören. Allerdings stellte sich die Ampel-Koalition taub - allen voran: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Schon im Herbst des Jahres 2022 stand das Barometer auf Sturm. Doch in Berlin badete man in der Konsenssoße der Koalitionsvereinbarungen - mit fatalen Folgen für den hiesigen Wirtschaftsstandort.


Die Warnsignale für eine Rezession waren schrill. Jeder in Deutschland konnte sie hören. Allerdings stellte sich die Ampel-Koalition taub - allen voran: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Schon im Herbst des Jahres 2022 stand das Barometer auf Sturm. Doch in Berlin badete man in der Konsenssoße der Koalitionsvereinbarungen - mit fatalen Folgen für den hiesigen Wirtschaftsstandort.

Die deutsche Volkswirtschaft ist eigentlich robust wie ein solide gebauter Passagier-Jet mit vielen Sicherheitssystemen. So schnell passiert da nichts Gravierendes. Doch zwei ausgewachsene Krisen können auch einen Wirtschaftsriesen ins Trudeln bringen. Wenn dann noch Cockpit Leute herumspielen wie Kinder, wird es echt gefährlich. Ökologisches Wunschdenken ersetzt ökonomische Rationalität - kein Wunder, dass sich Deutschland im wirtschaftlichen Sinkflug befindet.

Das Risiko, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten eine Rezession durchläuft, ist zuletzt spürbar gestiegen. Das signalisiert zum Beispiel der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der Daten zu den wichtigsten wirtschaftlichen Kenngrößen bündelt. Für den Zeitraum von Mai bis Ende Juli weist der Indikator eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 37,6 Prozent aus, nachdem sie im April für die folgenden drei Monate noch 26 Prozent betrug.

Dass die Rezessionswahrscheinlichkeit gestiegen sei, gehe vor allem auf Entwicklungen im Verarbeitenden Gewerbe zurück, insbesondere der Bauwirtschaft, der energieintensiven Industrie und der Exportwirtschaft, schreibt das IMK. Einige Branchen wie die Automobilindustrie würden in noch in nennenswertem Umfang von Lieferengpässen gebremst - auch wenn diese sich nach und nach auflösen. Zunehmend Sorge macht den IMK-Experten das "wenig dynamische außenwirtschaftliche Umfeld".

Auf die binnenwirtschaftliche Situation gehen die IMK-Ökonomen in ihrem jüngsten Bericht allerdings nicht ein. Dabei ist ganz offensichtlich, dass die Portemonnaies der Verbraucher schmaler geworden sind. Überall werden Konsumenten stärker zur Kasse gebeten als in Vorkrisenzeiten: Los ging es mit der noch von der Vorgängerregierung beschlossenen Einpreisung des CO2-Ausstoßes. Mit der Ukraine-Krise und dem damit verbundenen Ausbleiben von preiswertem russischen Gas stiegen die Energiepreise erneut und mit ihnen die Herstellungskosten der meisten Konsumgüter. Krasses Beispiel: Lebensmittel. All diese Kaufkraftverluste können über Monate gutgehen, doch nicht für lange Zeit. Und jetzt ist die Rezession da.

Gleichwohl: Bundeskanzler Olaf Scholz hat ein paar richtige Entscheidungen getroffen. Bereits als Finanzminister der Großen Koalition hatte seine mit viel Geld geladene "Bazooka" größere Schäden an der Binnenwirtschaft verhindert. Und auch der finanzielle "Doppel-Wumms" des Kanzlers kann einem Absturz Deutschland entgegenwirken. Denn solange keine strukturellen Zerstörungen der Volkswirtschaft vorhanden sind, lässt sich mit Geld allerhand reparieren. Doch sobald Unternehmen pleite gehen und viele Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit abgleiten, ist es ungleich schwieriger, Deutschland wieder auf eine sichere Reisehöhe zu hochzuziehen. Die Zukunft bleibt ungewiss.

Lars Wallerang / wid

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