Fahrbericht

Guck mal, wer da driftet - Genesis GV60 mit Drift-Modus und Gesichtserkennung

img
mid Berlin - Die Gesichtserkennung gehört zu den Neuheiten im Genesis GV60. Genesis

Die koreanische Hyundai-Edelmarke Genesis führt erstmals den komplett schlüssellosen Fahrzeug-Zugang und -Start mit Gesichtserkennung und Fingerabdruckscanner ein. Und auf der Rennstrecke können passionierte Sportfahrer im Drift-Modus nach Herzenslust quer fahren.


Die koreanische Hyundai-Edelmarke Genesis führt erstmals den komplett schlüssellosen Fahrzeug-Zugang und -Start mit Gesichtserkennung und Fingerabdruckscanner ein. Und auf der Rennstrecke können passionierte Sportfahrer im Drift-Modus nach Herzenslust quer fahren.

Ist das der Griff nach den Sternen? Hyundais Edelmarke Genesis zeigt mit dem S-Klasse-Konkurrenten G90, dass man in Korea auch Luxus kann. Ob der 5,45-m-Lulatsch nach Europa kommt, ist freilich noch unsicher. Doch dass man sich in Korea längst nicht mehr nur auf die Zubereitung automobiler Hausmannskost versteht, sondern auch höchst respektable Nobelmenüs zuzubereiten weiß, zeigt die 2015 offiziell gegründete Marke in Deutschland seit Sommer 2021. Zwei Limousinen - G70 und G80 - machten den Anfang; dazu die SUV namens GV70 und GV80 - zunächst alle nur als konventionelle Verbrenner mit Benziner und Diesel; aber richtig fein gemacht mit toller Verarbeitungsqualität und liebevollen Details.

2022 kam der sportlicher Crossover GV60 als erster Voll-Stromer der Marke dazu; er basiert, wie Hyundai Ioniq 5 und Ioniq 6 sowie die Kia-Modelle EV6 und EV9, auf der konzernübergreifenden Elektro-Plattform E-GMP. Die schafft dank 800-Volt-Technik ungewöhnlich kurze Ladezeiten - und ist mit unterschiedlichen Batteriegrößen und Antriebskonfigurationen zu haben: ein- und zweimotorig, mit Heck- oder variablem Allradantrieb.

In abgewandelter Form findet sich der 800-Volt-Antriebsstrang inzwischen in zwei weiteren Genesis-Modellen: in der Fünfmeter-Limousine G80 und im 4,75 langen SUV GV70. Für letzteren liefert Genesis auch eine Anhängerkupplung und gibt immerhin 1800 kg Anhängelast frei: genau wie Audi für den Q8 e-tron. Bei ersten Fahrversuchen im Fahrsicherheitszentrum Kalinchen bei Berlin bewies der komfortable Koreaner, dass sich seine beiden E-Motoren auch mit schwerer Last am Haken beinahe brachial ins Zeug legen - fast fürchtet man, im Boost-Modus könnten die insgesamt 360 kW (490 PS) die Deichsel aus dem Anhänger reißen.

Dabei sorgt die ausgefeilte Traktions- und Fahrdynamikregelung dafür, dass das Gespann auch auf rutschiger oder einseitig glatter Fahrbahn in der Spur bleibt - wir haben's ausprobiert. Die serienmäßige Gespannstabilisierung ermöglicht es dabei, die 100-km/h-Freigabe für alle Arten von Anhängern auch für die volle Zuglast zu erhalten, wenn der Trailer nicht mit einer anerkannten Antischlinger-Kupplung ausgerüstet ist.

Beim kompakteren GV60, dem Genesis zum aktuellen Modelljahr einige technische Verbesserungen gegönnt hat, steht nun eine nette Zusatzfunktion zu Verfügung, die ganz und gar nicht im Zeichen einer verbesserten Fahrstabilität steht: Ähnlich wie der Kia EV6 GT verfügt der GV60 in der SportPlus-Version über einen speziellen Drift-Modus.

Dabei kann durch eine Abfolge mehrerer Bedienschritte - was die versehentliche Aktivierung ausschließt - nicht nur die stabilisierende Fahrdynamikregelung komplett deaktiviert werden, so dass der 490-PS-Elektrobolide ausschließlich den Gesetzen der Physik folgt; zusätzlich deaktiviert sich auch der stabilisierende Allradantrieb im Drift-Modus, angetrieben wird nur noch die Hinterachse. Durch die elektrotypisch ungemein spontane Kraftabgabe ist es ein Leichtes, die Haftung der Hinterräder durch gezielten Einsatz des rechten Pedals zu überfordern - woraufhin das Heck in der Kurve zackig herumkommt.

Was für den Normalfahrer eher ein Alptraum ist, zaubert dem versierten Sportfahrer ein breites, langanhaltendes Grinsen ins Gesicht: Lenken mit dem "Gas"-Pedal. Einen gezielten Drift länger als höchstens eine halbe Runde auf der bewässerten Kreisbahn des Trainingsgeländes hinzubekommen, schaffen aber auch geübte Fahrkünstler kaum: Ist die Haftung der Hinterräder erst abgerissen, beschleunigen sie in Sekundenbruchteilen so abrupt, dass es kaum noch glückt, das Heck wieder einzufangen.

Im Alltag weit häufiger nutzbar ist ein anderes Gimmick, das auch die GV-60-Basisversion namens Sport mitbringt - als weltweit erstes Serienfahrzeug, wie Genesis betont: Das Aufsperren des Autos per Gesichtserkennung. Hat man sich einmalig über das entsprechende Anmeldemenü für die Funktion registriert, fahren die elektrisch versenkbaren Türgriffe heraus, wenn man ein, zwei Sekunden in die an der B-Säule angebrachte Kamera blickt. Man kann einsteigen, ohne den Schlüssel - oder das ebenfalls als elektronischer Schlüssel programmierbare Smartphone - bei sich tragen zu müssen. Fürs Starten und losfahren steht die Fingerabdruckerkennung zur Verfügung.

Was auf den ersten Blick als lustige elektronische Spielerei erscheint, kann durchaus praktischen Nutzen haben: Wenn man, etwa beim Sport oder am Badesee, weder Autoschlüssel noch Handy bei sich tragen kann oder will, lässt man alles einfach sicher im Auto versperrt - und kann danach trotzdem problemlos entriegeln und weiterfahren.

Kaufen kann man den GV 60 - ebenso wie alle anderen Genesis-Modelle ¬ übrigens in Zukunft auch ganz klassisch beim Händler. Bisher funktioniert das nur als Direktvertrieb mit einem persönlichen Assistenten, der das Auto nicht nur schon zur Probefahrt direkt beim Kunden vorstellt, sondern auch für die regelmäßige (und kostenlose!) Wartung abholt und wieder bringt. Diese einzigartige Serviceleistung fällt Genesis inzwischen auf die Füße: Die Nachfrage nach den koreanischen Nobelautos wächst so rasch, dass dieses System an seine Grenzen stößt. Deshalb baut man nun doch ein kleines, aber feines Netz an konventionellen Verkaufsstellen auf, will bis 2024 so weit sein.

Thomas Rönnberg / mid

Technische Daten Genesis GV60 Sport (Sport Plus):

- Länge / Breite / Höhe: 4,52 x 1,89 x 1,58 m
- Türen / Sitzplätze: 5 / 5
- Kofferraum: 432-1550 Liter, Front 20 Liter
- Zuladung / Anhängelast: 420-425- kg / 1600 kg
- Antrieb Allrad
- Fahrleistungen: 234 kW / 318 PS bzw. 360 kW / 490 PS
- Drehmoment: 605 Nm bzw. 700 Nm
- Beschleunigung 0-100 km/h: 5,5 Sekunden bzw.4,0 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h bzw. 235 km/h
- Verbrauch (WLTP): 18,8 kWh/100 km bzw. 19,1 kWh/100 km
- Reichweite (WLTP): 470 km bzw. 466 km
- Batteriekapazität (brutto): 77,4 kWh
- Ladeleistung: max. 240 kW DC; bis 11 kW AC
- Preis: 62.200 Euro (Sport) bzw. 73.100 Euro (Sport Plus)

STARTSEITE