Agrar

EU-Kommission schlägt erneuten Aufschub von Gesetz gegen Abholzung vor

  • AFP
  • In UMWELT
  • 23. September 2025, 15:42 Uhr
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Palmölplantage neben Torfwald im Südosten Sumatras Bild: AFP

Unter Druck aus der Industrie und von Handelspartnern weltweit will die EU-Kommission ein umstrittenes EU-Gesetz gegen Abholzung ein zweites Mal verschieben. EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall schlug vor, das Gesetz solle Ende 2026 greifen.

Unter Druck aus der Industrie und von Handelspartnern weltweit will die Europäische Kommission ein umstrittenes EU-Gesetz gegen Abholzung ein zweites Mal verschieben. EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall schlug am Dienstag in Brüssel vor, das Gesetz solle Ende des kommenden Jahres greifen, ein Jahr später als bislang geplant. Bis zur neuen Frist könnten die Vorgaben für Unternehmen abgeschwächt werden.

Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten verbietet den Verkauf von Produkten, deren Anbaugebiete nach 2020 abgeholzt wurden. Neben Kaffee, Palmöl und Soja gilt dies auch für Kakao, Kautschuk und Rindfleisch. Unternehmen sollen die Einhaltung mit Hilfe von satellitengestützten Ortsdaten in den Anbauländern sicherstellen und an Brüssel berichten.

Roswalls Vorschlag zufolge sollen die Vorschriften für große Unternehmen nun ab Ende 2026 greifen, für kleine und mittlere Firmen verschöbe sich der Stichtag auf den 30. Juni 2027. Die 27 EU-Mitgliedsländer sowie das Europaparlament müssen nun über den Aufschub verhandeln und können in diesem Zusammenhang weitere Änderungen am Gesetz einbringen.

Als Grund für die Verschiebung nannte Umweltkommissarin Roswall am Dienstag "Bedenken bei den IT-Systemen" wegen der großen zu verarbeitenden Datenmenge. Ein EU-Beamter erklärte, Unternehmen könnten das System mit Mehrfachanfragen überlasten.

Zuvor hatten zahlreiche Wirtschaftsbranchen, Handelspartner weltweit und eine Reihe von EU-Mitgliedsländern das Gesetz monatelang kritisiert, auf ihren Druck waren die Vorgaben im vergangenen Jahr schon einmal verschoben worden. Sie hoffen auf ein Abschwächen des Gesetzes.

Roswall erklärte am Dienstag, dafür sei es "zu früh". Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) forderte hingegen, den Aufschub umgehend für Reformen zu nutzen. Das Gesetz sei "für Länder wie Deutschland mit unnötiger Bürokratie verbunden", erklärte der Minister. Er sprach sich für eine sogenannte Nullrisiko-Kategorie aus, die eine Ausnahme für die EU-Staaten und weitere Länder schaffen würde.

Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im Europaparlament, forderten ebenfalls eine solche Ausnahme. "Regionen und Produkte, bei denen keinerlei Gefahr der Entwaldung besteht, müssen unbürokratisch und ohne zusätzliche Nachweispflichten behandelt werden", erklärte die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider. Auch der Verband der deutschen Waldeigentümer (AGDW) setzt sich für eine Nullrisiko-Kategorie ein. 

Bislang ist unklar, ob eine Ausnahme für die EU-Länder mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) konform wäre. Das Gesetz sieht in seiner aktuellen Form bereits drei verschiedene Risiko-Kategorien vor. Alle EU-Länder werden einem niedrigen Risiko zugeordnet, Unternehmen müssen also weniger Informationen an die Kommission liefern. In der höchsten Kategorie befinden sich derzeit nur Nordkorea, Russland, Belarus und Myanmar, für die ohnehin Handelssanktionen gelten.

Angesichts der Forderungen aus der Industrie und von Handelspartnern der EU weltweit bezeichnete die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini den Verweis der Kommission auf die IT-Systeme als "mehr als fragwürdig". Sie sprach zudem von einem "Imageschaden für die EU-Kommission als unfähige Verwaltung".

International steht das EU-Gesetz gegen Abholzung unter Druck aus den USA. Auf dem Papier hat die EU-Kommission bereits Zugeständnisse an die Regierung von Präsident Donald Trump gemacht. In einer gemeinsamen Handelserklärung von Ende August sagte die EU-Kommission zu, "Bedenken von US-Produzenten und -Exporteuren" im Zusammenhang mit dem Gesetz gegen Abholzung auszuräumen, "um unangemessene Auswirkungen auf den US-EU-Handel zu vermeiden".

EU-Umweltkommissarin Roswall sagte am Dienstag, der Vorschlag für einen weiteren Aufschub habe "überhaupt nichts" mit den Zusagen an die US-Regierung zu tun. Es bestehe auch kein Zusammenhang zu den EU-Gesprächen über Handelsabkommen mit einer Reihe weiterer Staaten.

Die EU-Kommission hatte am Dienstag ein Handelsabkommen mit Indonesien unterzeichnet und will auch eine Vereinbarung mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten endgültig abschließen. Diese und weitere Handelspartner hatten von der EU eine bevorzugte Behandlung im Zusammenhang mit dem Gesetz gegen Abholzung gefordert, was die Kommission formal bislang ablehnt.

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