Das Landgericht Aachen hat einen ehemaligen Krankenpfleger wegen einer Mordserie an Palliativpatienten zu lebenslanger Haft verurteilt. Es sprach den 44-Jährigen wegen zehnfachen Mordes und 27-fachen versuchten Mordes schuldig.
Wegen einer Mordserie an Palliativpatienten hat das Landgericht Aachen einen ehemaligen Krankenpfleger zu lebenslanger Haft verurteilt. Es sprach den 44-Jährigen am Mittwoch wegen zehnfachen Mordes und 27-fachen versuchten Mordes schuldig und stellte dabei auch die besondere Schwere seiner Schuld fest. Damit ist eine Haftentlassung auf Bewährung nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen. Das Gericht verhängte zudem ein lebenslanges Berufsverbot.
Die Taten hatte der Angeklagte demnach 2023 und 2024 in einem Krankenhaus in Würselen bei Aachen begangen. Der Pfleger habe den oftmals hochbetagten und pflegeaufwändigen Patienten "nach eigenem Gutdünken Medikamente" verabreicht, sagte der Vorsitzende Richter Markus Vogt in seiner Urteilsbegründung. Dabei habe er vor allem das Beruhigungsmittel Midazolam genutzt. Die Taten geschahen während der Nachtschichten, als der Pfleger zumeist allein Dienst hatte und unbeobachtet war.
Der Angeklagte habe sich "selbst als befugt" angesehen, zu entscheiden, "ob ein Weiterleben eines Patienten sinnvoll war", sagte Vogt weiter. Dabei habe der 44-Jährige nicht aus Mitleid gehandelt. Vielmehr habe er das Leiden der Patienten als Störung seines eigenen Wohlbefindens und Ordnungssinns wahrgenommen.
Nach der Verabreichung der Medikamente habe der Angeklagte die Patienten unbeaufsichtigt in ihren Krankenzimmern zurückgelassen und höchstens später noch einmal nachgeschaut, ob die gewünschte Sedierung eingesetzt habe. Der mögliche Tod der Patienten als Folge der Medikation und einer Atemabflachung sei ihm "gleichgültig" gewesen.
Vogt zeichnete das Bild eines narzisstisch gestörten Angeklagten, der zu echter Empathie nicht fähig sei. Bei seiner Arbeit habe der Pfleger "schnell und häufig gekränkt" auf vermeintlich unfaire Behandlung reagiert. Außerdem habe er sich aufgrund seiner Fachkenntnisse "durchgehend verkannt und unterschätzt" gefühlt. Die fachliche Autorität von Ärzten habe er "nicht anerkannt", sagte Vogt.
Wenn Patienten starben, habe der Angeklagte dies "als durchaus gewünschten Verlauf" empfunden. Er habe selbst im Gerichtsverfahren geäußert, dass er einen "hervorragenden Job" gemacht habe, wenn Patienten ruhig eingeschlafen seien.
Bei seinen Taten sei es ihm nicht in erster Linie darum gegangen, Patienten zu töten, betonte Vogt. Er habe deren Tod aber billigend in Kauf genommen. Dem Angeklagten sei es darum gegangen, dass Patienten friedlich einschliefen, wenn ihnen ihr Leben nicht mehr als sinnvoll erschien – und dass er selbst "vom Zustand der Patienten nicht gestört wurde", sagte Vogt.
Die Medikamentengabe als solche habe der Angeklagte überwiegend eingeräumt. In dem Prozess äußerte er demnach, dass er sein Handeln als durchaus richtig empfinde. Vogt zufolge sah sich der Angeklagte selbst als "überragend kompetent" in der Behandlung von Palliativpatienten. Der Angeklagte bestritt jedoch eine Tötungsabsicht. Er habe nur das Leiden der Patienten lindern wollen, indem er ihnen die Möglichkeit gegeben habe, ruhig zu schlafen.
Dem folgte das Gericht jedoch nicht. Vogt sprach von "unwahren Schutzbehauptungen". Aufgrund seiner Fachkenntnisse sei dem Angeklagten bewusst gewesen, dass die Verabreichung der Medikamente tödlich wirken konnte. Auch die wiederholten "zynische Äußerungen" des Angeklagten über das Leid der Patienten bewiesen, dass dieser kein Mitleid empfand.
Mit dem Urteil kam das Gericht weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft entgegen. Die Anklage hatte in ihrem Schlussplädoyer eine lebenslange Haftstrafe wegen 13 Morden und 24 Mordversuchen sowie eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und ein lebenslanges Berufsverbot gefordert. Die Verteidigung verlangte einen Freispruch. Der Prozess lief seit März.
Nach früheren Ermittlerangaben galt der Angeklagte als berufserfahren und fachlich kompetent. Er absolvierte ab 2007 eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Nach seinem Abschluss arbeitete er bei verschiedenen Arbeitgebern, unter anderem in Köln. Seit 2020 war er in der Klinik in Würselen beschäftigt. Im Sommer 2024 wurde er festgenommen.
