Beschäftigte in Deutschland sprechen sich einer Umfrage zufolge mehrheitlich für eine Begrenzung ihrer Arbeitszeit aus. DGB-Chefin Yasmin Fahimi kritisierte eine mögliche Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes angesichts dessen als 'kontraproduktiv'.
Beschäftigte in Deutschland sprechen sich einer Umfrage zufolge mehrheitlich für eine Begrenzung ihrer Arbeitszeit aus. 72 Prozent der Befragten wollen ihre tägliche Arbeitszeit dabei auf maximal acht Stunden begrenzen, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Donnerstag in Berlin mitteilte. DGB-Chefin Yasmin Fahimi kritisierte eine mögliche Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes angesichts dessen als "kontraproduktiv" und als "einseitige Verschiebung zulasten der Beschäftigten".
Die Umfrage für den Gute-Arbeit-Index des Gewerkschaftsbundes ergab zudem, dass 98 Prozent der Befragten nicht länger als zehn Stunden arbeiten wollen. "Bemerkenswert" sei zudem, dass selbst von denjenigen, die den Acht-Stunden-Tag sehr häufig oder oft überschreiten, 59 Prozent ihn gerne einhalten würden, wenn sie denn selbst entscheiden könnten, erklärte der DGB.
Zufrieden mit ihrer aktuellen wöchentlichen Arbeitszeit sind demnach lediglich 40 Prozent der Beschäftigten. 53 Prozent wünschen sich kürzere Arbeitszeiten. Bei schlechten Arbeitsbedingungen wünschten sich sogar 72 Prozent kürzere Arbeitszeiten, führte der Gewerkschaftsbund aus. Für die Umfrage wurden in diesem Jahr per telefonischer Zufallsstichprobe rund 4000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt.
Der am häufigsten genannte Grund für ein Auseinanderklaffen zwischen "Wunsch und Wirklichkeit" bei den Arbeitszeiten sind laut DGB unflexible betriebliche Arbeitsabläufe. Laut Umfrage nennen 63 Prozent starre Strukturen als Hindernis für kürzere Arbeitszeiten. Zudem geben demnach 60 Prozent der Beschäftigten an, die Arbeitsmenge nicht in der vorgesehenen Zeit schaffen zu können.
Der DGB kritisierte zudem, dass gesundheitliche Folgen langer Arbeitszeiten messbar seien, auch die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben werde "massiv" beeinträchtigt. Laut Umfrage überschritten mehr als 40 Prozent der Beschäftigten den Acht-Stundentag häufig oder sehr häufig.
"In der Debatte um die Arbeitszeit wird manchmal der Eindruck erweckt, als seien Menschen wie Maschinen, die auf Knopfdruck einfach länger laufen können", erklärte DGB-Chefin Fahimi. Arbeitszeiten und Erholungszeiten müssten aber "in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, damit Beschäftigte gesund bleiben können". Das geltende Arbeitszeitgesetz diene daher "aus arbeitsmedizinischer Sicht genau diesem Schutz der Beschäftigten".
Aktuell ist die Arbeitszeit für Beschäftigte in Deutschland auf acht Stunden pro Tag begrenzt. In Ausnahmefällen ist eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden möglich, zum Beispiel, wenn dies später wieder ausgeglichen wird. Laut Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD soll jedoch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit die Acht-Stunden-Tag-Regelung ablösen.
Der Vorsitzende der Dienstleitungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, erklärte, es gebe "überhaupt keinen Grund, den Acht-Stunden-Tag auszuhebeln, wie es die Koalition vorhat". Die geltenden Regeln erlaubten bereits "ein Höchstmaß an Flexibilität". Wo Mehrarbeit nötig sei, etwa in Kliniken oder im Nahverkehr, sei dies überall in Tarifverträgen geregelt. Generell Mehrarbeit zuzulassen, könne es hingegen etwa Arbeitgebern in der Paketbranche ermöglichen, "gnadenlos" gegen die Beschäftigten durchzusetzen, dass diese mit Pausen 13 Stunden am Stück arbeiteten, kritisierte er.
Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler, forderte, am Acht-Stunden-Tag dürfe "nicht gerüttelt werden". Wer die Tage von Beschäftigten etwa in der Süßwarenindustrie, in Bäckereibetrieben oder im Gastgewerbe noch weiter verlängern wolle, "ignoriert die Realität aus Mehrarbeit, Wochenenddiensten, körperlicher Belastung und fehlender Erholung".
