Die UNO hat die im August im Gazastreifen ausgerufene Hungersnot für beendet erklärt. Zugleich warnte die UNO, dass die Situation weiter 'kritisch' bleibe.
Die UNO hat die im August im Gazastreifen ausgerufene Hungersnot für beendet erklärt. Die Ernährungssicherheit im Gazastreifen habe sich verbessert, sodass in keinem Gebiet mehr eine Hungersnot gemäß der IPC-Skala zum Hungermonitoring gelte, erklärten die zuständigen UN-Experten am Freitag. Die Lage bleibe jedoch weiter "kritisch". Die israelische Regierung kritisierte den UN-Bericht daraufhin als "verzerrend".
Die UNO stuft den gesamten Gazastreifen trotz eines "besseren Zugangs für humanitäre und kommerzielle Lebensmittellieferungen" demnach weiterhin als "Notfallgebiet" ein. Den UN-Experten zufolge werden bis Mitte April voraussichtlich noch immer rund 1,6 Millionen Menschen in dem Palästinensergebiet von einer "krisenartigen" Ernährungsunsicherheit betroffen sein.
Die israelische Regierung reagierte kritisch auf den UN-Bericht. "Angesichts der überwältigenden und unmissverständlichen Beweise musste sogar IPC zugeben, dass es im Gazastreifen keine Hungersnot gibt", erklärte der israelische Außenamtssprecher Oren Marmorstein im Onlinedienst X. Dennoch sei der UN-Bericht "bewusst verzerrt": Darin werde die "beträchtliche Menge an Hilfsgütern ignoriert", die tatsächlich in den Gazastreifen gelangten. Der Bericht stütze sich lediglich auf UN-Hilfslieferungen, die jedoch nur "20 Prozent aller Hilfsgüter-Lastwagen" ausmachen würden.
Die Hilfsorganisation Oxfam bezeichnete die humanitäre Lage im Gazastreifen weiterhin als "erschreckend und vermeidbar" und warf der israelischen Regierung vor, Hilfslieferungen von internationalen Organisationen zu blockieren. Oxfam verfüge "über Hilfsgüter im Wert von 2,5 Millionen Dollar, darunter 4000 Lebensmittelpakete, die in Lagerhäusern direkt hinter der Grenze lagern. Die israelischen Behörden lehnen alles ab", erklärte der Kampagnenchef der Organisation, Nicolas Vercken.
Die deutsche Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger beklagte, dass der Hunger im Gazastreifen trotz der Waffenruhe und leicht verbesserten Zugangs zu humanitärer Hilfe "allgegenwärtig" bleibe. "75 Prozent der Bevölkerung leidet unter akutem Hunger, der Rest kämpft mit chronischer Nahrungsmittelknappheit", erklärte die Organisation. Zerstörtes Ackerland und hohe Preise erschwerten die Versorgung. "Eine Schachtel Eier kostet bis zu 26 Euro, während 80 Prozent der Familien ihre Haupteinnahmequelle verloren haben", beklagte Aktion gegen den Hunger.
Extreme Wetterbedingungen und beschädigte Infrastruktur verschlimmern demnach die Situation. Kämpfer der radikalislamischen Hamas und verbündeter Milizen hatten im Oktober 2023 Israel überfallen, mehr als 1200 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. In dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen wurden nach Hamas-Angaben mehr als 70.100 Menschen getötet.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kamen in den vergangenen anderthalb Jahren im Gazastreifen allein beim Warten auf ihre medizinische Evakuierung mehr als tausend Menschen ums Leben.
Im August hatte die UNO für Teile des Gazastreifens offiziell eine Hungersnot erklärt. Eine Hungersnot gilt laut IPC-Kriterien, wenn von 10.000 Menschen täglich mindestens zwei aufgrund von Hunger oder durch Unterernährung verursachte Krankheiten sterben, wenn mindestens 30 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind und ein Fünftel aller Haushalte an extremem Lebensmittelmangel leidet.
Im Oktober war eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas in Kraft getreten. Seitdem wurden die Beschränkungen für Hilfslieferungen gelockert, nach UN-Angaben treffen Hilfsgüter aber weiterhin nicht in ausreichendem Maß ein.
