Die Digitalisierung des Kreditmarkts sorgt dafür, dass Kreditnehmer schneller Kredite erhalten können. Doch welche Verfahren stehen dahinter und was könnte sich künftig noch ändern?
Dass sich hinsichtlich der Kreditvergabe in den letzten Jahren viel getan hat, ist ein unumstößlicher Fakt. So ist das Angebot größer, doch auch die Zeitspanne zwischen Beantragung und Auszahlung ist wesentlich geringer geworden. Einige Kreditangebote werben mit einer Eintagesfrist. Aber wie funktioniert das und warum ist die Schnelligkeit nun möglich? Dieser Artikel schaut den Ursachen auf die Finger.
Die Digitalisierung erfasst den Kreditmarkt
Die Banken- und Kreditbranche ist in der Digitalisierung schon weit vorangeschritten. Im Privaten kann das jeder für sich erkennen, denn Onlinebanking samt aller Möglichkeiten, digitaler Zahlungsverkehr und auch die digitalen Kreditvergleiche samt Antragsverfahren sprechen für sich. Die Nachfrage ist groß:
Privatkunden sind es teilweise bereits gewohnt, ihren eigenen Bankberater zu stellen. Somit suchen sie online nach Konten, Krediten, Kreditkarten und vielem mehr. Der Kreditvergleich ist nicht zuletzt aufgrund von TV-Werbungen gut bekannt und wird gerne genutzt. Immerhin ist das Darlehen auf diesem Wege auch bequemer, denn lästige Banktermine entfallen.
Unternehmen gehen vielfach wie Privatleute vor. Natürlich gibt es teilweise noch Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Kreditarten, da das Volumen ein anderes ist. Dennoch vergleichen auch Unternehmer online Finanzprodukte und beantragen Darlehen digital.
Erzwungene Digitalisierung
Dass Verbraucher und Unternehmer die digitalen Angebote nutzen, begründet sich allerdings auch in der Kehrseite der Medaille. Immer mehr Banken schließen ihre Filialen vor Ort, je nach Bank ist es teilweise notwendig, etliche Kilometer bis zu einer echten Filiale mit Beratungsstelle zu fahren. Bleiben Niederlassungen zurück, so bestehen sie nicht selten aus Geldautomaten und Terminals, an denen die Kunden das Onlinebanking in der Niederlassung eigenständig regeln müssen.
Somit lässt sich eine interessante Wechselwirkung erkennen: Weil immer mehr Kunden auf Online-Angebote zurückgreifen, schließen die Banken immer mehr Filialen. Dies sorgt wiederum dafür, dass weitere Kunden auf Online-Angebote zurückgreifen, weil die Filialbanken schlechter zu erreichen sind.
Welche Folgen hat die Digitalisierung für die Kreditaufnahme?
Während Folgen ein negativ besetztes Wort ist und viele Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kreditaufnahme eher positiv sind, sollte eher von Auswirkungen gesprochen werden. Da gibt es einige:
Geschwindigkeit
Die Geschwindigkeit der Kreditaufnahme und Auszahlung ist rasant gestiegen. Nicht nur haben Verbraucher und Unternehmer einen schnellen Zugang zu Vergleichsangeboten und Kreditangeboten der Banken, auch die Abwicklung der Kreditaufnahme bis hin zur Auszahlung läuft nun vielfach schneller ab.
Übersicht
Kreditnehmer können sich eigenständig einen Überblick über die Möglichkeiten verschaffen. Früher war es so, dass höchstens die Angebote der örtlichen Banken angefragt werden konnten, was nicht selten Beratungstermine in den Filialen mit sich brachte. Dies kostete Zeit. War es eilig, verzichteten Verbraucher auf ein Zweitgespräch und akzeptierten das Angebot der Hausbank. Über die Online-Kreditvergleiche kann sich nun aber jeder binnen nicht einmal zehn Minuten einen Überblick verschaffen.
Informierte Entscheidung
Es ist nicht möglich, eine informierte Entscheidung über so etwas Langfristiges wie ein Darlehen zu fällen, wenn nur wenige Fakten eines einzelnen Anbieters präsentiert werden. Ein leicht überspitztes Beispiel: Wer ein Auto kauft, jedoch keinerlei tiefer gehende Informationen über den Markt und die Modelle hat und diese auch nicht erhalten kann, der mag eventuell sogar den Trabanten als perfekte Wahl betrachten. Dank der Kreditvergleiche, der Einsicht in repräsentative Beispiele, Zinsspannen, Kreditdetails und der Möglichkeit, mit wenigen Klicks Zusatzinformationen einzuholen, ist der Kreditnehmer heute ein wissender Kunde.
Was Online-Kredite heute besonders schnell macht
Aber wie begann dies und warum sind heute Kreditauszahlungen teils binnen 24 bis 48 Stunden ab erstem Antragsschritt möglich? Grundsätzlich gilt in diesem Zusammenhang, dass zuerst die Technik und die technischen Möglichkeiten geschaffen werden mussten. Diese bilden im Hintergrund die Basis:
Die Identifizierung: Heute per Videoident-Verfahren in 5 Minuten erledigt
Ein Problem bei der Kreditaufnahme über das Internet lag stets darin, dass der Kunde klar und deutlich identifiziert und verifiziert werden musste. Immerhin muss verhindert werden, dass sich Fremde als eine andere Person ausgeben. Für diesen Schritt wurde im Fernabsatzgeschäft das Post-Ident-Verfahren genutzt. Viele kennen es, denn wer ein Handy online gekauft hat, der musste sich gegenüber dem Postboten ausweisen. Die Alternative lag darin, dass der Kunde mit einem Schreiben zur Postfiliale ging und sich dort gegenüber dem Mitarbeiter auswies. Dieser quittierte das und die Bestätigung wurde zurückgeschickt. Der erhöhte Zeitaufwand liegt dabei klar auf der Hand: Der Kunde musste zur Filiale, sich in der Schlange anstellen und das Verfahren vom Postmitarbeiter quittieren lassen. Bis die Daten bei der Bank waren, konnten dabei gut und gerne 2 Tage vergehen.
Heute gibt es verschiedene Ident-Verfahren, die teilweise weiterhin über die Deutsche Post laufen, jedoch online mit Webcam ablaufen. Der potenzielle Kreditnehmer folgt dem Link, hält seinen Ausweis in die Kamera und dieser wird nun mit dem eigenen Gesicht vom Mitarbeiter abgeglichen. Die Bestätigung folgt direkt und wird vom Kunden per erhaltener SMS-PIN komplettiert. Andere Varianten arbeiten mit einem live geschickten Selfie, zugleich haben weitere Unternehmen Ident-Verfahren im Angebot. Abhängig von der Schnelligkeit, mit der ein Kreditnehmer der Ident-Aufforderung nachkommt, kann dieser Schritt in fünf Minuten erledigt sein. Dies wirkt sich entsprechend auf die Bearbeitung einer Kreditanfrage aus.
Die digitale Unterschrift
An dieser Stelle scheiden sich die Kreditangebote noch heute. Einige Unternehmen akzeptieren weiterhin nur einen per Hand unterschriebenen Kreditvertrag, andere setzen wiederum digitale Lösungen ein. Doch selbst die alte Variante ist schneller geworden, denn die meisten Kreditunternehmen stellen den Vertrag zum Download zur Verfügung, sodass der Kunde nicht erst auf das Dokument im Briefkasten warten muss.
Die Unterschrift war tatsächlich ein Problem, da zuerst rechtlich geklärt werden musste, wie eine digitale Unterschrift rechtssicher und bindend gestaltet werden kann. Heute existieren entsprechende Verfahren, mit dem sich eine digitale Unterschrift rechtssicher durchführen lässt. Dabei greifen die Banken im Normalfall auf spezifische Dienstleister zurück, die zusammen mit dem Kreditnehmer die Voraussetzungen für die Signatur schaffen. Im Idealfall sparen sich beide Parteien also zwei Postwege und können so den unterschriebenen Kreditvertrag so binnen kürzester Zeit zur Verfügung stellen.
Experteninterview zu den häufigsten Fragen rund um Kredite
Online-Kredite werden also immer beliebter – doch was bedeutet das für potenziellen Kunden im Einzelnen? In unserem Experteninterview geben Paul Ballichar und Quang-Dung Ta Antworten auf einige der am häufigsten gestellten Fragen. Die beiden sind Bankkaufmänner und beraten seit mehreren Jahren Kunden im Privatkreditbereich.
Wie läuft eine Kreditanfrage ab?
Herr Ta: Im ersten Schritt gibt man alle angeforderten Daten im Online-Formular ein. Systemseitig wird dann eine Bonitätsabfrage gestellt. Anschließend kann man den Kreditvertrag unterschreiben und die Nachweise zum Einkommen sowie den unterschriebenen Vertrag an die Bank übermitteln. Die Legitimation erfolgt danach über Post-Ident oder Video-Ident. Im Anschluss bearbeitet die Bank den Kreditantrag und man erhält die Rückmeldung. Fehlen noch Dokumente, müssen diese nachgereicht werden und es geht zurück zur Bearbeitung. Ist alles vollständig, bekommt man eine Genehmigung oder Ablehnung. Muss es schnell gehen, wird die Auszahlung bei einem Eilkredit direkt nach der Prüfung durch den Kreditgeber angewiesen.
Welche Unterlagen sollte ich parat halten?
Herr Ballichar: Immer bereithalten sollte man den eigenen Personalausweis. Am besten vorher auch nochmal schauen, ob der noch gültig ist. Gleiches gilt beim Reisepass. Auch die Gehaltsnachweise - am besten der letzten 3 Monate - kann man sich für den Kreditantrag rauslegen. Die Kontoauszüge werden auch oft angefragt. Manche Banken fragen nach den letzten 30 Tagen, andere für den vollständigen Monat. Die Bankkarte benötigt man für die Eingabe der Kontoverbindung. Empfehlenswert sind zusätzlich alle aktuellen Kreditverträge bereits bestehender Finanzierungen.
Warum fragt der Kreditgeber beim Kreditantrag nach meinem Einkommen und welche Einkünfte werden überhaupt angerechnet?
Herr Ta: Der Kreditgeber fragt nach dem Einkommen, um ein Angebot generieren zu können. So kann der Kreditgeber ausrechnen, wie viel Kredit dem Kunden zur Verfügung gestellt werden kann bzw., ob der gewünschte Kredit zur Haushaltsrechnung des Kunden passt. Nicht angerechnet wird Arbeitslosengeld/Hartz4. Variabel, d. h. nicht bei allen Banken angerechnet werden Kindergeld, Elterngeld und Mieteinnahmen (auch nur bis zu 70 - 80 Prozent der Kaltmiete).
Wie haben sich die Möglichkeiten für Unternehmen verbessert?
Unternehmenskredite waren schon immer ein schwieriges Feld. Meist könnten sich Unternehmer nur an ihre Hausbank wenden, alternativ Darlehen über die KfW erhalten, die aber wiederum über die Hausbank beantragt werden müssen. Mittlerweile ist jedoch das Feld an Betriebsmittelkrediten in digitaler Form recht groß.
Nicht nur gibt es Onlinekredite eigens für Unternehmen. Auch können Betriebe die Angebote genau vergleichen und digital erklären, wofür die Gelder benötigt werden. Dank des Vergleichs ist auch der Unternehmer informierter in seiner Entscheidung.
Zugleich gibt es spezielle Angebote für Händler. Der Zahlungsdienst PayPal bietet längst für über ihn arbeitende Händler Darlehen an, die sich sehr leicht beantragen lassen. Da PayPal ohnehin die Umsatzzahlen des Händlers besitzt, ist der Nachweis über die Finanzen deutlich einfacher. Auch die Rückzahlung ist bei diesen Krediten recht simpel gelöst.
Wie könnte sich das Ganze noch weiter verändern?
Längst gibt es verschiedene Ideen. Die eine Idee wäre gleichzeitig eine Hilfe im Chaos, denn viele Verbraucher und Unternehmer haben so viele unterschiedliche Finanzprodukte bei unterschiedlichen Anbietern, dass die Übersicht verloren gehen kann. Ein allgemeines Finanzprofil für den Online-Gebrauch, welches alles zusammenführt, wäre eventuell denkbar, doch ist das datenschutzrechtlich problematisch.
Die andere Veränderung wird sicherlich mit dem neuen Personalausweis kommen. Die Identifikation bei Online-Krediten wäre weitaus einfacher, wenn der Ausweis allein der Verifizierung dienen kann. Erste Schritte sind schon gemacht.
Neuer Personalausweis
Der neue Personalausweis ist bereits elektronisch nutzbar. Im Regelfall erhalten Bürger zusätzlich zwei PIN-Codes zugeschickt, mit denen sie die Online-Ausweisfunktion nutzen können.
Zudem wird es eine digitale Alternative zum Personalausweis geben. Die App steht schon bereit und das dort generierte Ausweisdokument soll im Onlinegeschäft helfen.
Geräte
In den Anfangstagen des neuen Personalausweises war es notwendig, ein spezielles Lesegerät zu erwerben. Das taten selbst viele Händler nicht, Privatpersonen noch viel seltener. Mit der neuen Personalausweis-App ist das Problem allerdings gelöst, denn sie nimmt die Funktion des Lesegeräts ein. Das ist ein wenig vergleichbar mit dem Lesen eines QR-Codes: Früher mussten spezielle Apps installiert werden, heute kann jede Smartphonekamera den Code lesen.
Ein anderes Thema könnte die noch höhere Sicherheit einer digitalen Signatur sein. Verbunden mit der schon bestehenden Möglichkeit, Fingerabdrücke in den Personalausweis zu integrieren, wäre ein zusätzlicher Daumenabdruck unter einer digitalen Signatur ein weiteres Sicherheitsmerkmal. Auch die Geschwindigkeit der Auszahlung würde so erhöht werden.
Rund um die Kreditauszahlung ist ein Punkt weiterhin problematisch: Bankarbeitszeiten und Buchungszeiten. So mancher Schnellkredit kommt doch erst montags auf dem Konto an, da das Wochenende dazwischen lag und die Auszahlung nicht gebucht wurde. Reine Digitalanbieter zahlen schon sieben Tage die Woche und fast rund um die Uhr Gelder aus, doch häufig nicht die Bank des Empfängers. Mit der Digitalisierung müssen diese Probleme beseitigt werden, denn in einer Welt, die gerade bei Händlern zu keiner Zeit stillsteht, müssen auch Darlehen jederzeit eingehen können.
Fazit - der Wandel ist stets zugegen
Die Digitalisierung im Banken- und Kreditsektor geht rasant voran. Etliche heute wohlbekannte Möglichkeiten beruhen allerdings darauf, dass das Angebot vor Ort beständig verknappt und gar abgeschafft wird. Dies liegt mit daran, dass Privat- und Geschäftskunden längst schon Onlinekonten besitzen und die Nachfrage vor Ort sinkt, aber auch daran, dass Onlinekonten für alle Seiten günstiger und somit vorteilhafter sind. Rund um Darlehen bietet die Digitalisierung aber auch dem Einzelnen gewaltige Vorteile. Die Möglichkeiten zu Vergleichen, zur Prüfung einzelner Angebote und unverbindlichen Anfragen sind schlichtweg größer. Hinzu kommen die vielen angepassten Kredite, die sich fast für jede Lebenslage auswählen lassen. Je nach Kreditanbieter und den genutzten Sicherheitsmechanismen ist die Auszahlungen eines Darlehens sehr schnell und Geld kann binnen 32 Stunden auf dem Konto sein – ab der ersten Kontaktaufnahme des Darlehensnehmers.
Auch künftig dürfte es noch weitere Änderungen geben, gerade dann, wenn der neue Personalausweis digitalisiert wird und allgemein eine höhere Akzeptanz erfährt. Ob Identitätsprofile für Finanzprodukte angeschafft werden, ist noch offen, doch wäre es denkbar.
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