Pflege

Schmerz-Reduzierung bei Intensiv-Patienten

  • Lars Wallerang/mp
  • In GESUNDHEIT
  • 10. März 2023, 10:47 Uhr
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mp Groß-Gerau - Claudia Weiß befragt ihren Patienten zu der Intensität seiner Schmerzen. Sarah Jonek

Viele auf Intensivstationen versorgte kranke Menschen leiden unter unnötigen Schmerzen. Das kann unter anderem daran liegen, dass sie sich aufgrund ihrer Erkrankung nicht mitteilen können oder dass das Pflegepersonal deren Schmerzen falsch beurteilt.


Viele auf Intensivstationen versorgte kranke Menschen leiden unter unnötigen Schmerzen. Das kann unter anderem daran liegen, dass sie sich aufgrund ihrer Erkrankung nicht mitteilen können oder dass das Pflegepersonal deren Schmerzen falsch beurteilt. Oft wissen die Pfleger aber auch gar nicht, wie man die Instrumente zur Schmerzeinschätzung richtig einsetzt.

"Die Bedeutung einer exakten Schmerzbehandlung wird häufig unterschätzt", sagt Claudia Weiß, examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie Stationsleiterin auf der chirurgischen Intensivstation des Universitätsklinikums Bonn (UKB). Sie ist die erste Absolventin des neuen Master-Studienganges "Erweiterte Pflegeexpertise" an der FH Bielefeld. In ihrer Abschlussarbeit untersuchte sie, wie Pflegefachpersonen dank gezielter Schulung die Schmerzen von Patienten auf der Intensivstation genauer beurteilen können.

Die Entwicklung von Scores und Assessments gingen in der Intensivmedizin zurück bis in die 1980-er Jahre, berichtet die Studienautorin. "Leider werden sie immer noch viel zu wenig angewendet." Wie man das trotz wenigen Ressourcen in der Pflege in Deutschland ändern könnte, davon handelt ihre Abschlussarbeit am Fachbereich Gesundheit der Fachhochschule (FH) Bielefeld. Ihre These ist so simpel wie überzeugend: Wenn Pflegefachpersonen mehr über die korrekte Ermittlung von Schmerzen wissen, können sie den Patienten mit entsprechenden Maßnahmen gezielter helfen.

"Die Bedeutung einer adäquaten schmerzlindernden Behandlung wird vielfach unterschätzt", sagt die Pflegeexpertin. "Ein sehr häufiges Phänomen nach Verlassen der Intensivstation ist die Chronifizierung von Schmerzen." Und das sei dann nur noch schwer zu therapieren. Die häufigen Folgen: Arbeitsunfähigkeit, Frühverrentung - und lebenslange Schmerzen. Immens seien dabei nicht zuletzt die Kosten für die Gesundheits- und Sozialsysteme.

Wie misst man überhaupt Schmerz? "In der Regel eigentlich ganz einfach", sagt Weiß. "Man fragt den Patienten, wie er oder sie diesen auf einer Skala von null bis zehn einordnen würde." Ist allerdings die Kommunikation mit der zu pflegenden Person eingeschränkt, etwa aufgrund einer Intubation, muss die Pflegefachperson drei Komponenten beurteilen: die Angespanntheit des Gesichtsausdrucks, die schmerzinduzierten Bewegungen von Schultern, Armen und Händen sowie den Umstand, ob die maschinelle Beatmung problemlos durchführbar ist oder nicht. Das jeweilige Verhalten des Patienten wird mit Punkten bewertet - das Ergebnis ist ein Hinweis auf die Schmerzintensität. Im Fachjargon heißen die beiden Verfahren Numeric Rating Scale (NRS) und Behavioral Paine Scale (BPS).

Die Studie soll nur der Anfang sein: Gemeinsam mit der Projektgruppe "Zukunftswerkstatt für Pflegefachpersonen" am UKB hat Claudia Weiß bereits ein E-Learning-Programm konzipiert. Außerdem sind Kitteltaschenkarten und kurzzeitige Fortbildungen "One Minute Wonder" entstanden, die die wichtigsten Schulungsinhalte grafisch abbilden. Auch weitere Forschungen auf diesem Gebiet sind geplant.

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