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Deutlicher Anstieg bei antisemitischen Straftaten in Nordrhein-Westfalen

  • AFP
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  • 18. April 2024, 13:00 Uhr
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Polizist bei einer Demonstration in Duisburg Bild: AFP

In Nordrhein-Westfalen ist die politisch motivierte Kriminalität im vergangenen Jahr in fast allen Bereichen gestiegen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht für 2023 hervor.

In Nordrhein-Westfalen ist die politisch motivierte Kriminalität im vergangenen Jahr in fast allen Bereichen gestiegen. Das geht aus dem am Donnerstag in Düsseldorf von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) vorgelegten Verfassungsschutzbericht 2023 hervor. So erhöhte sich die Zahl antisemitischer Straftaten im Vergleich zum Vorjahr in dem Bundesland um 65 Prozent von 331 auf 547. Zumeist handelte es sich dabei um Volksverhetzung und Propagandadelikte.

Hintergrund dieser Entwicklung war demnach der Großangriff von Kämpfern der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober, bei dem sie Gräueltaten überwiegend an Zivilisten begingen. Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Vernichtung der Hamas. In der Folge davon kam es auch in Deutschland zu propalästinensischen Demonstrationen sowie antisemitischen Zwischenfällen.

"Aus Sicht des Verfassungsschutzes war dies ein entscheidender Tag für Entwicklungen in unserem Land, die uns sorgen müssen", erklärte Reul mit Blick auf den Angriff der Hamas vom 7. Oktober. "Extremisten verschiedener ideologischer Prägungen nutzten den Terroranschlag gegen den Staat Israel dazu, ihre Anhänger zu mobilisieren." Große Sorgen bereite ihm auch der zunehmende Islamismus. Dieser sei "wieder auf dem Vormarsch", erklärte Reul.

In dem gesondert erfassten Bereich der Straftaten mit Bezug zu religiöser Ideologie gab es laut Verfassungsschutzbericht im direkten Zusammenhang mit der Eskalation im Nahen Osten einen Anstieg um 400 Prozent von 60 auf nun 305. In dem meisten Fällen ging es um Sachbeschädigung und Volksverhetzung.

Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten stieg im Vorjahresvergleich von 3453 um 2,8 Prozent oder 96 auf 3549. Propagandadelikte und Volksverhetzung machten laut Verfassungsschutzbericht auch hier mit etwa 77 Prozent den mit Abstand größten Anteil aus. Die Zahl der Gewaltdelikte blieb mit 116 gleich.

Im Bereich Linksextremismus stieg die Zahl der Straftaten deutlich um 33 Prozent von 824 auf 1097. Dem Landesinnenministerium zufolge ereigneten sich mit knapp 400 die meisten dieser Straftaten im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Räumung des Dorfs Lützerath wegen der Erweiterung eines Braunkohletagebaus. Aktivisten hatten die Häuser tagelang besetzt.

Die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten im einwohnerreichsten Bundesland sank gleichwohl im Jahresvergleich um 15 Prozent - und zwar von 8948 auf 7596. Laut Innenministerium resultierte dies größtenteils aus dem Ende der Coronapandemie, die von zahlreichen Protesten gegen staatliche Eindämmungsmaßnahmen begleitet war. Es gab demnach weniger Verstöße gegen das Versammlungsgesetz aufgrund von unangemeldeten Protestdemonstrationen.

Insgesamt zeigte sich Reul mit Blick auf die innenpolitische Lage und die Entwicklung extremistischer Kräfte besorgt. Die Bedrohung der Demokratie in Deutschland sei 75 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes "hoch wie nie", erklärte er. Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 verkündet, mit der folgenden Unterzeichnung wurde zugleich die Bundesrepublik gegründet.

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