Brennpunkte

„Viele wünschen sich in ihrem Chef einen Mentor“

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Moderne Rekrutierungsmethoden für Handwerksbetriebe. © Tobias Dietze, DIEPA GmbH Personal

Das deutsche Handwerk boomt und leidet zugleich unter einem besorgniserregenden Mangel: Der Nachwuchs fehlt. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Karriere im Handwerk. Das liegt laut Tobias Dietze, CEO von DIEPA Personal, teils an falschen Vor- und Einstellungen der jungen Leute und ihrer Eltern, aber auch an veralteten Rekrutierungsmethoden. Auf welchen innovativen Wegen und digitalen Kanälen das Recruiting besser läuft und welche Rolle dabei Zwischenmenschliches ebenso wie Künstliche Intelligenz spielt, erläutert der Experte im Interview.

Herr Dietze, Sie sind seit 16 Jahren bei DIEPA-Personal tätig und haben sich bis zum CEO hochgearbeitet. Was hat Sie in den letzten 16 Jahren besonders motiviert und inspiriert, und wie hat sich Ihre Sicht auf die Herausforderungen im Personalwesen verändert?

Die letzten Jahre waren mehr denn je geprägt von einem sich verschärfenden Mangel an Fachkräften. Gerade Handwerksbetriebe haben große Schwierigkeiten, passendes Personal zu rekrutieren. Die Aufgabe, Mitarbeiter zu finden, die nicht nur fachlich, sondern auch menschlich zum Betrieb passen, ist definitiv nicht leichter geworden ist. Das geht teilweise so weit, dass etablierte Handwerksbetriebe mangels Personals schließen müssen. Timing ist zu einem unabdingbaren Faktor geworden. Bei DIEPA haben wir diese Entwicklungen schon früh erkannt und uns über die Jahre an die Herausforderungen angepasst. Längst sind wir kein reines Zeitarbeitsunternehmen mehr, sondern ein proaktiver und zuverlässiger Vermittler in alle Richtungen - für Bewerber, aktive Mitarbeiter und die Arbeitgeber.

Welche Hauptursachen sehen Sie für den Fachkräftemangel und wie haben sich diese im Laufe Ihrer Karriere entwickelt?

Unser Bildungssystem geht zu einem großen Teil an dem Bedarf des deutschen Handwerks vorbei und ist insgesamt zu ineffizient. Da ist zum einen der verständliche Wunsch der Eltern, dass ihr Kind einen möglichst hohen Abschluss erreicht. Damit einhergeht wiederum ein wachsender Druck auf die Gymnasien, die als Reaktion ihren Qualitätsanspruch absenken. Unterhalb der Sekundarstufe sinkt das Niveau in einer Art Kettenreaktion ebenfalls. Vielen Schulabgängern fehlen hier Grundkenntnisse und die richtige Einstellung für den Handwerksberuf. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Generation Z etwa mit dem Wunsch nach besserer Work-Life-Balance, Workation und Homeoffice. Das ist in vielen Handwerksberufen nur schwer realisierbar, da die meisten Arbeiten physisch vor Ort ausgeführt werden müssen. Das Handwerk ist eben kein Bürojob.

Welche spezifischen Strategien und Maßnahmen empfehlen Sie als Personaldienstleister den Handwerksbetrieben dann, um mehr qualifizierte Bewerber zu gewinnen?

Ein klassischer Hebel ist das Gehalt. Aber das hat natürlich seine Grenzen, da Personalkosten auch nicht unbegrenzt an den Kunden weitergegeben werden können. Ich glaube, dass wir grundlegend über neue Arbeitsmodelle wie zum Beispiel einen Leistungslohn nachdenken müssen. Eine Vergütung, die sich an der konkreten Leistung und Arbeitszeit orientiert, gibt Arbeitnehmern mehr Flexibilität, ohne den Arbeitgeber wirtschaftlich zu überfordern. Die gewonnenen Freiheiten zahlen auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter ein, ohne dass damit große Mehrkosten verbunden wären. Und dann ist da noch die Frage nach dem Sinn bei der Arbeit. Gerade in der jungen Generation suchen viele einen Job mit einer sinnstiftenden Tätigkeit. Hier sollten sich Handwerksbetriebe stärker und nach außen sichtbar positionieren.

Das klingt nach einem starken Appell für mehr Mut zu neuen Ansätzen. Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht innovative Rekrutierungsmethoden und digitale Plattformen bei der Anwerbung von Fachkräften im Handwerk?

Mit Abstand am besten erreicht man geeignete Kandidaten über den eigenen Mitarbeiterstamm. Die persönliche Empfehlung unter Freunden, Bekannten und Kollegen schafft eine zwischenmenschliche Brücke zum Unternehmen. Der klassische Ausschreibungstext ist dagegen immer seltener ausschlaggebend. Viele junge Bewerber wollen aus nächster Nähe erleben, wie es ist, in dem jeweiligen Betrieb zu arbeiten. Das geht über einen persönlichen Draht, aber auch über moderne Medien. Audiovisuelle Inhalte über Instagram oder TikTok können dieses „Erleben“ transportieren und einem emotionalen Zugang zum Arbeitgeber schaffen.

Welche Rolle spielt bei diesem Prozess aus Ihrer Sicht die Arbeitgebermarke (Employer Branding) für Handwerksbetriebe?

Neben einer positiven Präsenz nach außen zählt vor allem das Innenleben des Betriebs. Viele Menschen wünschen sich in ihrem Chef einen Mentor, der ihnen lebenslanges Lernen ermöglicht, der ihre Arbeit erleichtert und dialogbereit ist. Schon kleine Aufmerksamkeiten zum Geburtstag transportieren Wertschätzung und schaffen eine Atmosphäre des Miteinanders. In der Hektik des Alltagsgeschäfts ist das keine Selbstverständlichkeit, aber enorm wertvoll für ein angenehmes Betriebsklima. Dieses Miteinander sollte dann auch nach über die Arbeitgebermarke nach außen kommuniziert werden und verbreitet sich bestenfalls durch die „Mundpropaganda“ einer zufriedenen Belegschaft.

Herr Dietze, wir haben jetzt viel darüber gesprochen, was zu tun ist, um dem Fachkräftemängel im Handwerk besser zu begegnen. Auch wenn noch nicht alles umgesetzt ist: Sehen Sie aktuelle Entwicklungen, die Sie für die Zukunft positiv stimmen?

Das Voranschreiten der künstlichen Intelligenz zur Marktreife in Kombination mit der Automatisierung in der Arbeitswelt ist für das Handwerk eine große Chance. In der Vergangenheit haben technologischen Innovationen stets zu mehr Jobs geführt.  Wenn der Handwerksmeister von seinen bürokratischen Aufgaben entlastet wird, hat er zudem mehr Zeit für seine Mitarbeiter, Zeit für das Zwischenmenschliche, also genau für das, was für die gelungene Mitarbeiterbindung so essenziell ist.

Über Tobias Dietze:

In seiner Rolle als Geschäftsführer bei DIEPA Personal setzt Tobias Dietze sein umfassendes Fachwissen ein, um Kunden dabei zu unterstützen, Herausforderungen im Bereich Fachkräfte und Personal zu meistern. Mit einer beeindruckenden 16-jährigen Karriere bei DIEPA Personal, hat seine berufliche Reise von der Leitung der Kommunikationsabteilung bis hin zum Geschäftsführer des Unternehmens durchlaufen. Seit 2007 ist er in der Personalberatung tätig und hat sich dabei auf die zentralen Themen Lösungen, Dienstleistungsqualität und Kundennähe fokussiert. Sein Engagement für exzellente Dienstleistungsqualität und seine Nähe zu den Bedürfnissen der Kunden machen ihn zu einem etablierten Ansprechpartner.

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