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Brüssel macht bei E-Auto-Zöllen ernst - Berlin hofft auf Verhandlungen mit China

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E-Auto von BYD Bild: AFP

Die EU-Kommission macht im Streit mit China wegen staatlicher Subventionen und industrieller Überkapazitäten ernst. Sie verhängte am Donnerstag vorläufig zusätzliche Einfuhrzölle auf E-Autos aus chinesischer Produktion von bis zu 37,6 Prozent.

Die EU-Kommission macht im Streit mit China wegen staatlicher Subventionen und industrieller Überkapazitäten ernst. Sie verhängte am Donnerstag vorläufig zusätzliche Einfuhrzölle auf E-Autos aus chinesischer Produktion von bis zu 37,6 Prozent. Die Aufschläge gelten ab Freitag; eine endgültige Entscheidung soll bis Anfang November fallen, um bis dahin noch mit China zu verhandeln. Die Bundesregierung und die deutsche Autoindustrie hoffen auf eine Verhandlungslösung.

Die neuen Zölle liegen je nach Hersteller zwischen 17,4 und 37,6 Prozent und fallen zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent Einfuhrzoll an. Wegen der noch ausstehenden endgültigen Entscheidung müssen die Unternehmen die neuen Zölle zunächst nicht zahlen, bei der Einfuhr der Pkw aber entsprechende Bürgschaften hinterlegen.

Brüssel reagiert nach eigenen Angaben auf marktverzerrende Subventionen für chinesische Unternehmen zulasten europäischer Hersteller. Eine Untersuchung der Kommission hatte dies bestätigt, Mitte Juni hatte die Behörde deshalb die vorläufigen Zusatzzölle angekündigt. Bis Anfang Juli wurde noch mit den chinesischen Behörden und Herstellern verhandelt.

Die Aufschläge fallen minimal niedriger aus als angekündigt. Beim chinesischen Hersteller BYD sollen sie 17,4 Prozent betragen, für den Konzern Geely sind 19,9 Prozent vorgesehen und für SAIC der Höchstsatz von 37,6 Prozent. Unternehmen wie BMW oder Tesla müssen mit einem Aufschlag von 20,8 Prozent rechnen, wenn sie aus China in die EU exportieren.

Brüssel folgt mit dem Schritt auch den USA, die Mitte Mai eine Erhöhung ihrer Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge von bis dato 25 auf 100 Prozent angekündigt hatten. Es wird befürchtet, dass die chinesischen Exporte in die EU dadurch spürbar zunehmen. 

Bislang machen in China hergestellte Elektroautos nach Schätzungen der Branche knapp 22 Prozent des europäischen Marktes aus, vor drei Jahren waren es noch knapp drei Prozent. Auf chinesische Marken entfallen aktuell acht Prozent der in der EU verkauften Elektro-Pkw.

Besonders die deutsche Autoindustrie fertigt viel in China und auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht die zusätzlichen Zölle deshalb kritisch. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, in dessen Bundesland BMW und Audi ihren Sitz haben, kritisierte die Strafzölle als "grundlegend falsch". "Europa und Deutschland schädigen sich selbst", sagte er laut Vorabmeldung bei Welt TV.

Der deutsche Herstellerverband VDA kritisierte die Zusatzzölle am Donnerstag als "protektionistische Maßnahme", die das Risiko eines Handelskonflikts berge. Brüssel und Peking müssten nun "alles daransetzen, im offen-konstruktiven Dialog eine Lösung zu finden", forderte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Die chinesische Handelskammer bei der EU warf der Kommission einen "politisch motivierten" Schritt vor. Zugleich zeigte sie sich zu weiteren Verhandlungen für eine "konstruktive Lösung" bereit. 

Auch die chinesischen Hersteller hoffen auf eine Verhandlungslösung. Sie wollten sich trotz der Brüsseler Entscheidung nicht vom europäischen Markt zurückziehen, erklärten etwa die Unternehmen Nio und XPeng gegenüber AFP in China. 

Aus der FDP kam Kritik an dem Brüsseler Vorgehen. "Strafzölle sind nicht der richtige Weg im Umgang mit China", erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Lukas Köhler. Sein Parteikollege Reinhard Houben sagte jedoch der "Rheinischen Post", er sei zuversichtlich, "dass bis November eine Verhandlungslösung gefunden wird". 

Aus den Reihen der Grünen kam Unterstützung für die EU-Entscheidung. "Diese Zölle sind keine Strafzölle, sondern WTO-konforme Ausgleichsmaßnahmen", erklärte die Bundestagsabgeordnete Sandra Detzer.

Andere deutsche Wirtschaftszweige hatten im Voraus Verständnis für die EU-Entscheidung geäußert. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bekräftigen dies nun. Es sei aber wichtig, "eine Balance zwischen notwendigen Schutzinteressen und der für unsere Exportwirtschaft wichtigen Offenheit zu wahren", erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Der BDI rief die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, "nach außen Geschlossenheit zu demonstrieren".

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