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Online-Betrugszentren in Myanmar: SpaceX schaltet 2500 Starlink-Internetempfänger ab

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Mutmaßliche Starlink-Empfänger auf Dächern des KK Park Bild: AFP

Zeitgleich mit Razzien gegen Online-Betrugszentren in Myanmar hat der US-Konzern SpaceX nach eigenen Angaben mehr als 2500 Internetempfänger seines Satellitennetzwerkes Starlink in dem Land abgeschaltet. Hunderte Arbeiter flohen aus einem großen Scam-Zentrum.

Zeitgleich mit Razzien gegen weltweit agierende Online-Betrugszentren in Myanmar hat der US-Konzern SpaceX von Elon Musk nach eigenen Angaben mehr als 2500 Internetempfänger seines Satellitennetzwerkes Starlink in dem Land abgeschaltet. SpaceX habe in der Umgebung mutmaßlicher Zentren für Online-Betrug in Myanmar "proaktiv 2500 Starlink-Sets identifiziert und deaktiviert", erklärte die für Starlink zuständige SpaceX-Vizepräsidentin Lauren Dreyer am Mittwoch im Onlinedienst X. Unterdessen flohen mehr als tausend Arbeiter aus einem der größten Scam-Zentren.

In dem Bürgerkriegsland Myanmar betreiben kriminelle Banden zahlreiche Zentren für Cyberkriminalität, in denen Internet-Betrüger Menschen in aller Welt in Milliardenhöhe schädigten. Bereits im Februar hatte es Razzien gegen die sogenannten Scam-Zentren gegeben. Rund 7000 Beschäftigte, viele von ihnen aus China, wurden dabei aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen befreit. 

Seit den Razzien zum Jahresanfang wurden die Online-Betrugszentren massiv ausgebaut, wie Recherchen der Nachrichtenagentur AFP kürzlich zeigten. Auf den Dächern der Scam-Zentren tauchten zudem zahlreiche Starlink-Antennen auf. Starlink war vom 3. Juli bis zum 1. Oktober der am meisten genutzte Internetprovider in Myanmar, wie Daten der asiatischen Internetregistrierungsstelle Apnic zeigten. Das Satellitennetzwerk des US-Tech-Milliardärs Elon Musk, der im US-Wahlkampf und über Monate danach US-Präsident Donald Trump unterstützte, ermöglicht es, auch abgeschiedene Gegenden mit schnellem Internet zu versorgen.

Die für das Starlink-Geschäft zuständige SpaceX-Vizepräsidentin Dreyer machte am Mittwoch keine Angaben dazu, wann die Starlink-Empfänger abgeschaltet wurden.

Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete unterdessen, wie mehr als tausend Menschen aus dem KK Park an der Grenze zu Thailand flohen - einem der größten Online-Betrugszentren. Sie flüchteten zu Fuß, auf Motorrädern oder zusammengedrängt auf offenen Kleintransportern. Ein Arbeiter, der den KK Park verließ, berichtete von einer anhaltenden Razzia. "Gegen 10.00 Uhr trafen Soldaten der myanmarischen Armee in vier Lastwagen an unserem Standort ein", sagte ein Arbeiter, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nennen wollte.  

Erst am Montag hatte die Armee 30 Starlink-Antennen und Zubehörteile im KK Park beschlagnahmt - einen Bruchteil der tatsächlich in dem Zentrum genutzten Sets.

Viele Menschen, die in Scam-Zentren arbeiteten, berichteten AFP im Nachhinein, sie seien mit der Aussicht auf gut bezahlte, ehrliche Jobs gelockt worden. Dann sei ihnen der Pass abgenommen worden, um sie zu den illegalen Aktivitäten wie Telefon-Betrug oder Online-Glücksspiel zu zwingen. Viele berichteten, dass ihre Aufseher sie geschlagen oder auf andere Weise misshandelt hätten.

Die Online-Betrugsbranche boomt in Südostasien, die Schäden beliefen sich laut dem Bericht des UN-Büros zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung im Jahr 2023 auf geschätzt 37 Milliarden Dollar. 

Kambodscha schob am vergangenen Wochenende 64 Südkoreaner wegen mutmaßlicher Verbindungen zu Betrugs-Netzwerken ab. 

In Thailand trat am Mittwoch der stellvertretende Finanzminister Vorapak Tanyawong zurück - wegen des Vorwurfs mutmaßlicher Verbindungen zu einem Online-Betrugsnetzwerk in Kambodscha. 

Im Bürgerkriegsland Myanmar, in dem das Militär seit seiner Machtübernahme gegen eine Reihe von Rebellengruppen kämpft, sind die Scam-Zentren zu einer wichtigen Säule der Wirtschaft geworden. 

Aus Verärgerung darüber, dass chinesische Staatsbürger gleichermaßen Anführer der Betrugszentren sind, dorthin verschleppt und von ihnen ausgebeutet werden, erhöhte Peking im Februar den Druck auf die Junta in Myanmar. Diese ist für ihren Machterhalt militärisch abhängig von China. 

Gleichzeitig sind die Militärmachthaber abhängig von einflussreichen Milizen, die in ihrem Auftrag die Grenzregionen kontrollieren und im Gegenzug von den Scam-Zentren profitieren, wie Beobachter betonen. "Sie müssen in der Lage sein, diese Milizen reich zu machen", sagt Nathan Ruser, Experte des Strategic Policy Institute in Australien. "Gleichzeitig haben sie den Druck aus China." Das Ergebnis sei ein "Drahtseilakt", bei dem die Junta "alibimäßig" handele, "während sie in Wirklichkeit nichts unternimmt". 

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