Panorama

„Am Anfang steht immer eine Entscheidung, ein Commitment“

  • Gastbeitrag | Interview mit Katharina Dauenhauer
  • In PANORAMA
  • 13. Mai 2024
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Interview mit Katharina Dauenhauer (CEO, Dauenhauer Consulting) über Unternehmertum @ Bilderrechte: Caroline Pitzke

Interview mit Katharina Dauenhauer (CEO, Dauenhauer Consulting) über Unternehmertum

Frau Dauenhauer, warum gibt es immer noch zu wenige Gründer in und aus Deutschland?

Mögliche Gründe dafür sind vielfältig. Ich sehe in meiner Perspektive und nach fast zwei Jahren Selbstständigkeit mehrere, aber lösbare Schwerpunkte:

Zum einen fängt die Frage nach der beruflichen Verwirklichung bereits im Bildungswesen an. Hier werden zu wenige Anreize geschaffen, um zumindest einige Vorteile von Selbständigkeit aufzuzeigen. Am Ende des Tages sollten natürlich keine Berufswege gegeneinander ausgespielt werden. Trotzdem sollte die Chance auf Self-Employment nicht ignoriert oder gar schlechtgeredet werden.

Hinzukommt ein denkbar schwer zu messender Faktor, und zwar der der Mentalität. Elternhaus und Gesellschaft sind hier sehr prägend. Für Eltern, die nicht selbst Unternehmer sind, steht oft ein solider Job für die Kinder im Vordergrund. Angestelltenverhältnisse werden als Sicherheitsvariante gesehen.

Stichwörter wie Gründung, Risikokapital und berufliche Weiterentwicklung in Richtung Selbstständigkeit, sind in unserer Gesellschaft nicht übermäßig weit verbreitet. Jedoch brauchen potenzielle Gründer dringend positive Vorbilder!

Wie kann es gelingen, die Motivation für Selbstständigkeit bei Zweiflern zu erhöhen?

Am Anfang steht immer eine Entscheidung, ein Commitment. Und ich finde es wichtig, sich eine Form der Selbständigkeit beziehungsweise ein Thema oder Produkt zu wählen, welches wirklich mit Freude umgesetzt wird.

Diejenigen, die es auch wollen, sollten darüber Bescheid wissen, dass man vor Selbstständigkeit keine Angst haben muss. Auch kommt es bei Gründungen nicht immer darauf an, ein möglichst komplexes und disruptives Produkt zu bauen. Wichtig ist, dass eine langfristige Nachfrage bedient werden kann.

Wovon ich allerdings abraten würde, sind Formate, in denen das schnelle Geld auf kurzem Wege ohne großen Zeitaufwand suggeriert wird. Denn Fakt ist: Selbständigkeit ist und bleibt viel Arbeit und Erfolg ist mit überdurchschnittlichem Einsatz eng verknüpft.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es gibt einerseits Phasen knallharter Überlastung. Und es gibt Phasen, in denen Selbständige Freiheiten genießen, die Selbstbestimmung und Freiheit mit sich bringen.

Was schätzen Sie am Unternehmertum am meisten?

Da gibt es mehrere Dinge, vor allem einen Aspekt, der über die Tatsache, sein eigener Chef zu sein hinausgeht.  Ich kann selbst gestalten!

Das können das direkte Arbeitsumfeld, Angebot, Mentalität oder Infrastrukturen sein. An meiner vorherigen Beschäftigung, als Lehrerin und Führungskraft - unter anderem am Oberstufenzentrum Banken, Immobilien und Versicherungen in Berlin-Mitte - konnte ich das nicht in diesem Maß.

Außerdem sehe ich individuelle Faktoren, wie die Möglichkeit, weitestgehend unabhängig an einem Ort meiner Wahl, nach dem eigenen Zeitkontingent und zusammen mit Menschen, die mich inspirieren, zusammenzuarbeiten.

Für mich das Wichtigste: Mit dem Schwerpunkt auf finanzielle Bildung kann ich Menschen dazu empowern, sich individuell nachhaltig zu verbessern. Das sind die Erfolge von meinem Unternehmertum, die mich am meisten erfüllen.

Gibt es auch Nachteile und wie geht man damit um?

Zweifelsohne ist das Risiko zu scheitern gerade in der Anfangsphase vorhanden.

Aus meiner Erfahrung geht in diesem Abschnitt der Selbständigkeit viel über persönliche Resilienz: Sich nicht von Zweiflern und Mahnern, von Rückschlägen oder Problemen ausbremsen lassen. Diese Fertigkeiten sollten Einsteiger in den ersten Monaten ihrer Gründung mitbringen. Fehlen diese persönlichen Assets, fällt die Starterphase deutlich komplexer aus.

Dennoch wünsche ich mir, dass sich die Menschen generell mehr auf das konzentrieren, was sie gewinnen können. Wer immer nur ans Verlieren denkt, wird nicht souverän in die Umsetzung kommen. Erfolg wird nicht durch Grübeln am Schreibtisch erreicht.

Während mein Umfeld mich damals immer wieder gefragt hat “Was, wenn es nicht klappt?” hatte ich keinen Plan B. Ich habe mich lieber auf die Frage konzentriert: “Was, wenn es klappt?” und war überzeugt: für mich geht es immer irgendwie weiter!

Gleichzeitig hilft in dieser Phase ein finanzielles Polster. Dass ich schon zum Zeitpunkt der Gründung auch von meinen Kapitalanlagen langfristig hätte leben können, hat für mich die Situation natürlich deutlich entspannt. Allgemein rate ich von einer Gründung im Rahmen sehr knapper finanzieller Rahmenbedingungen eher ab. Finanziellen Druck spüren auch potenzielle Kunden und das macht den Salesprozess nicht leichter.

Welche Tipps und Ratschläge gibt es gerade für die Anfangsphase von Selbstständigkeit?

Ich bin fest davon überzeugt, dass es für alle Phasen von Selbstständigkeit eine zentrale Orientierung gilt: Es gibt stets Kritiker und Skeptiker im beruflichen aber auch dem privaten Umfeld, die die Gründung einer eigenen Existenz kritisieren.

Davon sollte sich niemand verrückt machen und vereinnahmen lassen. Diese Personen verlassen ja meist selbst nicht ihre eigene Komfortzone, von daher kann man aus diesen Reihen auch kaum Zuspruch für einen solchen Schritt erwarten.

Im Gegenteil: Wir sind der Durchschnitt der fünf engsten Menschen, die uns umgeben. Das bedeutet zwangsläufig für eine Gründung: umgib dich mit Menschen, die schon dort sind, wo du hinwillst.

Suche dir Vorbilder, Mentoren, Communities, die dich tragen. Ich hatte damals zwei Menschen, die an mich und meine Idee geglaubt haben. Diese beiden Personen habe ich dringend gebraucht, aber sie haben auch ausgereicht, um mich meinen Weg zielgerichtet gehen zu lassen.

Auf lange Sicht gesprochen: Rechnen Sie mit einbrechenden oder steigenden Selbstständigkeitsquoten?

Das ist mit Blick auf die Konjunktur und berufliche Präferenzen von beispielsweise jungen Arbeitnehmern eine berechtigte Frage.

Da allerdings niemand über eine Glaskugel verfügt, ist das schwer zu beantworten.

Solange die Rahmenbedingungen und Zugänge zur Selbstständigkeit für Unternehmer und diejenigen, die es in Deutschland werden wollen so bleiben, wie sie jetzt sind, glaube ich nicht an eine Erhöhung.

Ich würde mir einfach mehr Offenheit für Gründung und Unternehmertum wünschen und mehr Mut, für die eigenen Ideen und Träume loszugehen. Unter dem Strich haben wir so viel zu gewinnen und vielleicht viel weniger zu verlieren, als wir befürchten. Dazu gehört auch eine Veränderung des Mindsets in der Gesellschaft, denn Fehler stellen große Chancen dar, aus diesen zu lernen und es in Zukunft anders und besser zu machen.

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